SEKEM organisierte am 8. März, dem Weltfrauentag, zum zweiten Mal eine Veranstaltung für Schülerinnen und Schüler, um auf die Chancengleichheit in der Berufswelt hinzuweisen.
„Eines Tages werde ich sein was ich sein möchte. Ich werde wie ein Vogel sein und aus dem Nichts mein Sein ergreifen.“ Diese motivierenden Worte, geschrieben von dem arabischen Dichter Mahmoud Darwish und zitiert von einer SEKEM Schülerin, erklangen zum Girls’ Day 2016 in SEKEMs Schulaula.
Im Zusammenhang mit SEKEMs „Gender Strategy for a Balanced Society“ wurde zum zweiten Mal ein Girls’ Day organisiert, der Mädchen dazu motivieren soll auch technische und handwerkliche Beruf zu ergreifen. „Frauen sind Säulen einer jeden Gesellschaft“, so Gamal Sayed, Vorsitzender der SEKEM Stiftung für Entwicklung. „Um eine gleichberechtigte und nachhaltige Gesellschaft zu schaffen, sollten Männer dabei helfen, dass Frauen die gleichen Rechte erlangen wie sie – im Bereich der Bildung ebenso wie im Arbeitsleben“, sagte er zu Beginn der Feier.
Feiern und praktische Aktivitäten
Am Girls’ Day wurde allerdings nicht nur gefeiert, sondern vor allem durch praktische Aktivitäten in verschiedene Berufsfelder eingeführt. In Zusammenarbeit mit dem SEKEM Berufsbildungszentrum hatten SchülerInnen die Möglichkeit in verschiedene handwerkliche Berufe zu schnuppern, die in Ägypten bisher hauptsächlich von Männern ausgeübt werden. So öffneten mehrere Werkstätten, wie etwa die Schreinerei, Installations- oder Elektrotechnik, ihre Türen für die Mädchen der SEKEM Schule. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich die Arbeit eines Installateurs auch machen kann“, erzählt Zeinab Helal, die zum ersten Mal in der Werkstatt tätig ist. Nachdem sie im vergangen Jahr an dem allgemeinen Rundgang durch das Berufsbildungszentrum teilgenommen hatte, entschied sie sich nun für ein dreiwöchiges Praktikum bei den Installateuren.
Ähnlich wie Zeinab zu einem Praktikum animiert wurde, hatte der Girls’ Day im vergangenen Jahr noch stärkere Auswirkungen auf andere Mädchen. „Besonders erfreulich ist für mich, dass ich mittlerweile vier Schülerinnen in meinem Ausbildungsgang habe“, berichtet Hanem Mahmoud, die erste weibliche Leiterin der Abteilung für Elektrotechnik. Eine ihrer Praktikantinnen, Fatma, erzählt: „Mir ist klargeworden, dass Mädchen ebenso gut wie Jungen technische Berufe ausüben können. Wir müssen uns nur trauen.“
Auch die Werkstatt für Mechanik war für die Schülerinnen von Interesse. „Mein Vater repariert Motorräder, Autos und andere Maschinen. Ich habe ihm immer zugeschaut und mir gewünscht ebenfalls einen technischen Beruf zu lernen“, verrät Shaimaa. Anfänglich vermittelte ihr der Vater, dass es sich dabei um Arbeit für Männer handelt und weigerte sich zunächst ihr sein Handwerk beizubringen. Doch anstatt aufzugeben überzeugte sie ihren Vater und und unterstützt ihn nun regelmäßig bei der Arbeit. Am Girls’ Day berichtete die selbstbewusste SEKEM Schülerin von ihren Erfahrungen und motivierte ihre Schulkameradinnen den Beruf der Mechanikerin zu erlernen.
„Ich bin stolz auf meine erfolgreiche Frau, die Schreinerin!“ sagt Medhat über seine Frau Asmaa
Neben den internen Aktivitäten, lud SEKEM eine Schreinerin und ihren Mann aus Kairo ein, um die SchülerInnen mit der Geschichte einer erfolgreichen Karriere zu inspirieren. Asmaa Megahed berichtete wie sie zunächst ihrem Mann bei der Arbeit zusah und dabei selber großes Interesse für den Umgang mit Holz entwickelte. „Ich glaube an meine Existenz als Mensch und daran, dass ich in der Lage bin jeden Beruf auszuüben“, so die Schreinerin. „Momentan ist es noch ungewöhnlich in Ägypten eine Frau in einer Schreinerei zu sehen. Aber wir sind in der Lage dies zu ändern, indem wir uns einfach nur für unser Menschenrecht der freien Berufswahl einsetzen.“ Nichtsdestotrotz war die Unterstützung ihres Mannes für Asmaa von großer Bedeutung: „Unsere Frauen sind rund um die Uhr mit den Kindern und der täglichen Hausarbeit beschäftigt. Deshalb ist es wichtig, dass wir Männer sie unterstützen und sie ermutigen, das zu machen was sie wollen“, betonte er während seiner Rede auf der SEKEM-Bühne.
Ergo, spricht Gleichberechtigung nicht nur Frauen an. So fehlt bei Männern oft das Interesse für Berufe, die traditionell von Frauen ausgeübt werden, wie beispielsweise Tätigkeiten in Bildungseinrichtungen. Im Zusammenhang mit dem SEKEM Girls’ Day gab es deshalb auch die Möglichkeit für Schüler ein Praktikum im SEKEM Kindergarten oder der Heilpädagogik zu absolvieren. „Ich habe erlebt wie viel Kraft und Mühe man in der Kindererziehung braucht. Ein sehr anstrengender aber auch schöner Job“, berichtet einer der Schüler von seinen Erfahrungen im SEKEM Kindergarten.
Mit den rhythmischen Tönen einer Tabla (eine ägyptische Trommel, die üblicherweise von Männern genutzt wird) gespielt von einer SEKEM Schülerin und begleitet von dem Klatschen des Publikums, ging der stimmungsvolle Tag auf der SEKEM Farm zu Ende. Der Girls’ Day betonte die Stärken von Mädchen und versuchte zu vermitteln, welche Möglichkeiten ihnen damit offenstehen. Dies zeigte sich nicht nur in den handwerklichen Berufsfeldern, sondern ebenso während der künstlerischen Darbietungen, die ebenso Teil von Geschlechtergleichheit sind wie sie zu SEKEMs ganzheitlichem Ansatz gehören.
Noha Hussein
Lesen Sie über den Girls' Day 2015
SEKEMs Gender Strategy for a Balanced Society