In Christophe Florides Büro hängt ein Bild, auf dem zwei Frauen mit Hilfe einer primitiven Maschine Teebeutel abpacken. In vielen Gebäuden auf der SEKEM Farm finden sich alte Bilder – aber die wenigsten Mitarbeiter SEKEMs waren auch dabei, als diese Bilder entstanden sind. Christophe Floride ist einer dieser wenigen. Der gelernte Maschinenbauer kam vor 30 Jahren zusammen mit seiner Frau Yvonne und zwei kleinen Kindern nach Ägypten. „Es ist schon immer ein Jugendtraum von mir gewesen, in einem Entwicklungsland zu arbeiten und einen `Dienst an der Menschheit´ zu verrichten“, erzählt Christophe Floride. „Die Idee war allerdings, dies für drei Jahre zu machen und anschließend wieder nach Deutschland zu gehen.“ Das aus den drei Jahren nun 30 Jahre wurden, war damals nicht abzusehen.
„Uns wurde schnell klar, dass SEKEM für uns nicht nur ein Zwischenstopp ist, sondern eine Lebensaufgabe.”
1985, bei der Suche nach einem geeigneten Projekt, stieß der damals 26-Jährige auf die SEKEM Initiative. Schon zwei Monate später saß die junge Familie im Flugzeug von Deutschland nach Ägypten. „Wir sind hier angekommen und uns wurde schnell klar, dass SEKEM für uns nicht nur ein Zwischenstopp ist, sondern eine Lebensaufgabe. Wir wollten mithelfen, die Vision von SEKEM zu verwirklichen und die Bewusstseinsentwicklung der Menschen vor Ort zu fördern.“
Eigentlich war vorgesehen, dass Christophe Floride in SEKEM mit Jugendlichen im Bereich der Metallverarbeitung arbeitet. Da sich SEKEM damals noch im Aufbau befand, gab es weder Schule noch Berufsbildungszentrum. „Als ich in SEKEM ankam, war ich zunächst für die Technik und die Wartung der Maschinen zuständig. Allerdings gab es noch nicht viele technische Geräte, so dass ich mich schnell in den diversen Bauvorhaben SEKEMs engagiert habe. Das war für mich natürlich ein Sprung ins kalte Wasser aber es war auch eine sehr spannende Zeit“, erinnert er sich.
Vom Maschinenbauer zum Bauingenieur
Angefangen mit ATOS Pharma über die Schulgebäude bis hin zu dem neuen Lotus-Gebäude war Christophe Floride bei der Planung und Umsetzung maßgeblich involviert und fungierte als rechte Hand von Dr. Ibrahim Abouleish. Zusammen mit Helmy Abouleish, CEO der SEKEM Gruppe, entwickelte er Abläufe und Positionen, um die Aufgabenbereiche zu verteilen und die schnell wachsende SEKEM Initiative zu strukturieren.
Nicht nur beruflich, sondern auch privat entwickelte sich Familie Floride weiter. Zu den beiden vorhanden Kindern gesellten sich zwei weitere, die den SEKEM Kindergarten und später auch die Schule besuchten. Mittlerweile sind sie erwachsen und leben in Deutschland. „Unsere Kinder sind sehr froh über die Erfahrungen, die sie hier mitnehmen konnten. Bei den beiden Jüngsten haben wir auch das Gefühl, dass sie sich sehr mit Ägypten verbunden fühlen und vielleicht eines Tages wieder zurückkommen“, sagt Christophe Floride.
Urbarmachung des Wüstenbodens
Heute ist Christophe Floride Geschäftsführer der Firma Lotus, dem Kräuter- und Gewürzbetrieb SEKEMs, der die Rohstoffe der Bauern verarbeitet. Außerdem ist er in alle technischen Investitionen involviert, die SEKEM tätigt. Erst vor kurzem war er in Indien, um eine Wasserabfüllanlage für ISIS Organic zu erwerben. Auch heute noch wird Christophe Floride angerufen, wenn eine Maschine streikt oder sein technisches Fachwissen benötigt wird. Damit in Zukunft die Mitarbeiter selbstständig die Wartung der Maschinen übernehmen können, gibt Christophe Floride sein Wissen in Schulungen an sie weiter. In SEKEMs Verwaltungsrat ist er seit Juli 2012 tätig und hilft dabei, die Geschicke des Unternehmens zu steuern.
Der Geschäftsführer von Lotus macht sich viele Gedanken über die Zukunft. Vor allem die zunehmende Umweltbelastung beschäftigt ihn. „Da ich in Lotus mit Kräutern und Gewürzen zu tun habe, ist es für mich eine große Herausforderung, unbelastete Rohstoffe für den lokalen Markt und den Export zu finden. Mein Ziel ist es daher, die Wüstenprojekte SEKEMs und von unseren Vertragsbauern voranzutreiben, um mehr nutzbaren Boden zu erhalten und zu bewirtschaften.“
„Es gibt immer eine Lösung für Herausforderungen.“
In Ägypten gibt es nur wenig fruchtbaren Boden – der Anbau von Kräutern und Gewürzen konzentriert sich auf wenige Orte in denen meist durch falsche Anbaumethoden und Umweltbelastungen die Vermarkung erschwert wird. „Durch die Urbarmachung von Wüstenboden versuchen wir Lösungen für diese Probleme zu schaffen und SEKEM sowie den Vertragsbauern Alternativen zu bieten.“ Diese Vorgehensweise deckt sich auch mit Christophe Florides Lebensmotto, denn „es gibt immer eine Lösung für Herausforderungen – und die muss man angehen und mit viel Einsatz und Engagement daran arbeiten.“ Dass ihm dies bisher gelungen ist, zeigt die Entwicklung SEKEMs in den letzten 30 Jahren.
Nils Daun
SEKEMs Verwaltungsrat
Lernen Sie Elfrieke van Galen, Mitglied in SEKEMs Verwaltungsrat kennen