Im Frühjahr besuchten Mitarbeiter der Davert GmbH, die SEKEM Produkte für Deutschland entwickelt und vertreibt, die Farm bei Kairo. In einem ausführlichen Bericht erzählen sie von ihren Erfahrungen.
Flug MS 786 EgyptAir bringt meine Kollegen Sigrid Ahrens, Axel und mich sicher nach Ägypten. Wir sind auf die SEKEM Farm in der Nähe von Kairo eingeladen worden. In Deutschland kümmern wir uns gemeinsam um den Vertrieb vieler SEKEM-Produkte. Jetzt wollten wir auch einmal mit eigenen Augen sehen, wo die Artikel, die wir vertreiben, genau herkommen. Schnell wird uns allerdings klar, dass der Begriff „Farm“ etwas zu klein gewählt ist.
Beim Anflug auf die ägyptische Hauptstadt am Nil ist es bereits dunkel. Endlos erstrecken sich orangefarbene Lichter über die Fläche. Bereits aus dem Flugzeug erkennt man die dicht befahrenen Straßen und den chaotischen Verkehr Kairos. Das Einreiseprozedere hinter uns werden wir am Ausgang des Flughafens von einem ägyptischen SEKEM-Mitarbeiter freundlich empfangen. Nach etwa einer Stunde Fahrt über holprige Autobahnen erreichen wir gegen 21 Uhr die SEKEM Farm – eine riesengroße Oase inmitten einer steinigen Wüste.
Den ersten Abend verbringen wir mit unseren Ansprechpartnern Andreas Kalbhenn und Angela Hofmann – zwei deutsche Mitarbeiter, die dauerhaft in Ägypten leben und sich mit Leib und Seele der SEKEM Initiative verschrieben haben. Ich freue mich sehr, Helmy Abouleish, Geschäftsführer der SEKEM Gruppe, persönlich kennenzulernen.
Kaum etwas, das nicht angebaut wird
Nach einer kurzen Nacht unter dem Moskitonetz beginnt der nächste Tag mit einem SEKEM-Moringa-Tee und selbst gebackenem Brot. Dann folgt Termin auf Termin, denn es gibt viel zu sehen und zu besprechen. Wir besichtigen NatureTex, SEKEMs Firma für biologisch-dynamische Textilien, die unter der Leitung von Helmy Abouleishs Frau Konstanze für zahlreiche Marken unter anderem hochwertige Kinder- und Babybekleidung produziert.
Es scheint, als gäbe es auf SEKEMs Feldern kaum etwas, das nicht zumindest versuchsweise angebaut wird.
Die Fabrik der SEKEM Firma ISIS Organic, in der auch Teebeutel abgefüllt werden, kündigt sich schon Meter vor der Eingangstür mit einem intensiven Kräuterduft an. Wie bei der Textilproduktion blicken wir auch hier in fröhlich gestimmte Gesichter. Andreas begrüßt viele Arbeiter per Handschlag und mit einem kleinen Pläuschchen. Die Mitarbeiter werden fair entlohnt und finden gute Arbeitsbedingungen vor.
Besonders interessant wird es für uns in den Räumen der Dattelverarbeitung. Hier wird noch viel per Handarbeit erledigt. Jede einzelne Dattel wird auf Schädlinge untersucht, von Hand entkernt und anschließend in Kisten verpackt. Natürlich dürfen wir die eine oder andere der getrockneten Köstlichkeiten auch selbst probieren. Ein Hochgenuss!
Vor dem Mittagessen wird uns dann eine besondere Ehre zuteil: In der SEKEM Schule führen die unterschiedlichen Jahrgangsstufen ihre Gesangs- und Tanzkünste auf. Ein festes Ritual zum Ausklang der Schulwoche, bevor der Freitag bei den Muslimen traditionell im Kreise der Familie verbracht wird. Ein echtes Highlight ist die Eröffnung der Veranstaltung durch den – wie ich später erfahre – ehemals professionellen Musiker Andreas Kalbhenn mit dem Lied „What a wonderful world“. Unplugged und live, 13 Uhr in der Wüste. Ich bin beeindruckt!
41.000 Patienten im Jahr
Anschließend haben wir noch die Gelegenheit das SEKEM Hospital zu besuchen. Hier werden viele Hundert Menschen aus dem Umland medizinisch versorgt – im vergangenen Jahr hatte das Krankenhaus über 41.000 Patienten.
Den Nachmittag nutzen wir für „Feld“- Studien. Es scheint, als gäbe es auf SEKEMs Feldern kaum etwas, das nicht zumindest versuchsweise angebaut wird. Wir passieren riesige Plantagen mit Dattelpalmen, duftende Felder mit leuchtend-orangen Ringelblumen und sind begeistert vom Wachstum der Quinoapflanzen, denen die ägyptische Sonne und der karge Wüstenboden gut zu gefallen scheinen. Auch Viehzucht wird in SEKEM betrieben. Die braunen Rinder mit ihren, für Demeter typischen, natürlichen Hörnern geben ein tolles Fotomotiv. Zum Abschluss der Feldbegehungen kann sich unser Vertriebsleiter Axel noch einen Kindheitstraum erfüllen: eine reife Orange direkt vom Baum kosten. Lecker!
Nachdem wir am traditionellen Wochenabschlusskreis teilnehmen, bei dem alle Mitarbeiter von Helmy Abouleish persönlich verabschiedet werden, ruft uns die Wüste. Mit unserem Führer Rafik Costandi geht es im Jeep zum Sonnenuntergang in die karge Steppe. Es ist spannend zu sehen, wie das Land, auf dem SEKEM errichtet wurde, aussah, bevor es die SEKEM Gemeinschaft urbar gemacht hat.
Am nächsten Morgen müssen wir Abschied nehmen. Trotz der knappen Zeit hat sich der Besuch gelohnt. Um die Bedeutung SEKEMs wirklich zu verstehen, muss man vor Ort gewesen sein. Die Vereinbarkeit von muslimischer und deutscher Kultur, nachhaltiger Landwirtschaft und professioneller Vermarktung, Arbeit und Leben in der Gemeinschaft ist unvergleichlich.
Tino Nitsch (Davert GmbH)
Erfahren Sie mehr über die Zusammenarbeit von SEKEMs und Davert