Precious Plastic: Ägyptens Müllberge kleiner machen

Die Entsorgung beziehungsweise organisierte Wiederverwendung von Müll, insbesondere Plastik, ist in Ägypten ein besonders schwerwiegendes Problem. Nur rund 60 Prozent des Abfalls werden gesammelt und weniger als 3 Prozent recycelt. Der Müll wird illegal verbrannt und verschmutzt die Luft und das Grundwasser. SEKEM hat auf der Hauptfarm schon lange eine eigene Mülltrennung und Abfallwirtschaft. Jetzt geht es aber explizit darum Plastikmüll zu verhindern, beziehungsweise als Ressource mehrfach und komplett wiederzuverwenden.

In Ägypten werden nur rund 60 Prozent des Mülls gesammelt und gerade einmal 3 Prozent recycelt.

Zu den SEKEM Visionszielen für 2057 zählen nämlich: Kein Müll und Kreislaufwirtschaft. Einen großen ersten Schritt in diese Richtung haben ein Praktikant und eine Studentin aus Europa unternommen: Florian Mende und Lilli Pohl. „Ich war anfänglich erstaunt und verärgert, dass doch so viel Müll auf dem Campus der Heliopolis Universität zu finden war“, berichtet Florian. „Dann wurde mir aber klar, dass ich mich entweder darüber aufregen kann, oder einfach anfange etwas dagegen zu tun“, so der Student aus Witten weiter. Gemeinsam mit einer Austauschstudentin von der Alanus Hochschule in Alfter, Lilli Pohl, hat er „Precious Plastic”, eine Open-Source-Community aus den Niederlanden als ein passendes Modell eruiert, um den Plastik-Müll aus SEKEM langfristig zu verbannen. „Precious Plastic“ ist ein mittlerweile weltweit aktives Forum, das es jedem ermöglicht seinen Plastikmüll an Ort und Stelle zu recyceln, indem die Plattform zum Beispiel Anleitungen für Recycling-Maschinen gibt, die so konzipiert sind, dass sie überall mit einfachen und lokal erhältlichen Mitteln hergestellt werden können. „Wir haben bisher insgesamt 8 Maschine gebaut – 4 in jeweils doppelter Ausführung, da wir sowohl auf der SEKEM Farm als auch an der Heliopolis Universität einen Workshop eingerichtet haben“, berichtet Florian.

Lehrlinge aus SEKEMs Berufsbildungszentrum halfen Florian Mende (rechts) und seinem Team beim Bau der Recycling-Maschinen.

Unterstützt wird das 10-köpfige „Precious Plastic SEKEM“-Team beim Bau der Maschinen von SEKEMs Metallwerkstatt. Und mittlerweile bringen sogar viele Mitarbeitende ihren Plastik-Abfall von Zuhause mit auf die Farm, um ihn recyceln zu lassen. „So könnte sich das Projekt auf die Dauer auch finanziell selber tragen“, erklärt Florian Mende. „Wir produzieren aus dem Plastik zum Beispiel besonders stabile Bretter, Stangen oder Schüsseln, die gut verkauft werden können.“ Bisher war und ist das Projekt allerdings noch auf Spenden angewiesen – unter den bisherigen Unterstützern ist der SEKEM Verein Deutschland und einige Privat-Spender.

SEKEM will bald eine Gemeinschaft ohne Müll werden. Dazu kommen Vertreter der einzelnen Institutionen regelmäßig zum Austausch zusammen.

„Precious Plastic“ mit dem SEKEM Zusatz „Zero Waste“ ist allerdings mehr, als eine Werkstatt zum Recyceln von Plastik. Ganz im SEKEM Sinne gehen auch Aufklärungsarbeit und konkrete Bildungsansätze mit einher. SEKEM-Lehrer bieten Workshops zum Thema an und die Abteilung für Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Heliopolis Universität integriert viele Inhalte in die Curricula.

Mittlerweile hat sich das Engagement des Teams rund um Florian Mende rumgesprochen. „Wir bekommen Anfragen zur Maschinen-Herstellung aus ganz Ägypten und sind dabei Kooperationen mit ähnlichen Projekten einzugehen“, so der Student, der die Leitung des Projektes kürzlich an seine ägyptische Kollegin Mariam Dahab abgegeben hat, da er sein Studium in Deutschland fortsetzt. Er unterstützt das „Precious Plastic“-Projekt aber weiterhin mit Rat und Tat. Nicht zuletzt weil er nicht nur SEKEM dabei helfen will Müll-frei zu werden, sondern die Vision auch im Land verbreiten möchte: „Ich wünsche mir, dass wir es in den kommenden zwei Jahren schaffen, noch mindestens 10 weitere neue ‚Precious Plastic‘-Workshops in Ägypten auf den Weg zu bringen, um das Problem der Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung publik zu machen. So wollen wir die Müllberge Ägyptens kleiner machen!“

Lilli Pohl and Florian Mende während der Planung einer Recycling-Maschine zusammen mit ihrem Team in SEKEMs Berufsbildungszentrum.

Florian Mende und Lilli Pohl werden übrigens am 27. April auf dem SEKEM Tag in Stuttgart ausführlich vom „Precious Plastic“-Projekt berichten.

Sie wollen das Projekt unterstützen?

Die SEKEM Freunde Deutschland freuen sich, Ihre Spende nach Ägypten weiterzuleiten:

SEKEM Freunde Deutschland e.V.

GLS Gemeinschaftsbank

IBAN: DE27 4306 0967 0071 6682 00

BIC: GENODEM1GLS

Die Precious Plastic Community
SEKEM Tag 2019 in Stuttgart