Die Mitarbeiter der Abteilung für nachhaltige Entwicklung in SEKEM beschäftigen sich mit einer Vielzahl spannender Projekte und Aktivitäten rundum die zentrale Mission der Initiative.
Nachhaltige Landwirtschaft ist für die Zukunft Ägyptens und der Nachbarländer unverzichtbar. Wir haben hier noch viel Spielraum, um besser zu werden: Wir können die Qualität des Bodens verbessern, Wasser bewusster nutzen und die gesellschaftlichen Strukturen stärken. Aber gleichzeitig müssen wir unser Augenmerk auf eine nachhaltige Finanzierung legen.“ Dieses Zitat von Helmy Abouleish erschien in der jüngsten Ausgabe des Earth Security Index 2015, der Wege aufzeigen will, wie mit der weltweit zunehmenden Ressourcenunsicherheit umgegangen werden kann. Stellvertretend für SEKEM hat Helmy Abouleish hier die Zukunftsvision der Initiative entworfen.
Das Wasser des Nils ist nicht unerschöpflich
Die Studie wird jährlich von der Earth Security Group herausgegeben, einer unabhängigen Vereinigung, die Unternehmen und Regierungen dabei unterstützt, auf die wachsende Gefährdung der Umwelt zu reagieren. SEKEMs Abteilung für nachhaltige Entwicklung hat in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal den umfangreichen Teil über die gemeinsamen Interessen der Länder rund um den Nil zum Thema Ernährungssicherheit beigesteuert.
Das Team um Leiter Maximilian Abouleish-Boes besteht aus fünf weiteren Fachkräften: Thoraya Seada, Ingenieurin und Projektleiterin, Dalia Abdou, Analytikerin, Naglaa Ahmed, Marketing Spezialistin, und Heba Askar, Wirtschaftswissenschaftlerin. Heba kümmert sich außerdem um die Öffentlichkeitsarbeit. Auch Helmy Mohamed, ehemaliger SEKEM Schüler, ist als Datenanalytiker mit dabei. Zu ihren Aufgaben gehört neben der Forschung und Beratung auch das Projekt- und Eventmanagement.
Die Nil-Anrainerstaaten müssen der Wasserknappheit gemeinsam entgegentreten.
Abouleish-Boes und sein Team beschäftigen sich täglich mit den wichtigen Aspekten von Nachhaltigkeit in den vier Dimensionen von SEKEMs Tätigkeitsbereichen: Wirtschaft, Ökologie, Kultur und Soziales.
Ägyptens Herausforderungen
Das Hauptproblem, vor dem Ägypten und seine Nachbarn stehen, ist die Begrenztheit der natürlichen Ressource Wasser. Der Nil führt nicht genug Wasser, um die Ernährung der wachsenden Bevölkerung in Ägypten, Äthiopien und im Sudan in den kommenden Jahren sichern zu können. Zudem verfügt Ägypten über sehr wenig landwirtschaft- lich nutzbaren Boden und ist daher stark von Lebensmittelimporten abhängig. Die Autoren des Earth Security Index halten es daher für notwendig, dass die Nil-Anrainerländer sich gegenseitig unterstützen und sich dem Thema Wasserknappheit systematisch und gemeinsam annehmen.
Forschung und Bewertung
Neben der Earth Security-Analyse hat SEKEMs Nachhaltigkeitsteam bei einer Umweltverträglichkeitsstudie mitgewirkt, die im Auftrag des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP durchgeführt wurde. Die „Green Economy Scoping Study for Egypt“ betrachtet die aktuelle Situation Ägyptens und verfolgt das Ziel, den Wandel der Konsum- und Produktionsgewohnheiten zu einer grünen Wirtschaft zu unterstützen.
SEKEM hat in diesem Zusammenhang vor allem Informationen zu biologischer Landwirtschaft beigesteuert. So konnte in den vergangenen Jahrzehnten beispielsweise ein starker Zuwachs an Bio-Farmen in Ägypten beobachtet werden, die sich allerdings kaum den Ernährungsbedürfnissen der Ägypter selbst zuwenden. Für die Zukunft wird aufgrund von größeren Anstrengungen für die Information und Bewerbung von Bio-Artikeln ein wachsendes Interesse an Bio-Produkten erwartet.
Motivierend für den weiteren Ausbau der biologischen Landwirtschaft in Ägypten ist auch die Tatsache, dass es in den vergangenen Jahren einen starken Rückgang bzgl. des Einsatzes von Pestiziden gab: Anfang der 1990er Jahre wurden noch über 30.000 t chemische Pflanzenschutzmittel verwendet – heute kommt man mit einem Zehntel aus. „Dies ist zwar ein großer Erfolg, aber noch lange nicht zufriedenstellend: Ägypten zählt nach wie vor zu den Ländern, die weltweit am meisten Kunstdünger einsetzen“, erklärt Maximilian Abouleish-Boes.
Nicht zuletzt ist die Abteilung für Nachhaltigkeit aktuell dabei die „100% Organic“-Studie für Ägypten zu überarbeiten. Diese Untersuchung wurde einst von SEKEMs Partnerunternehmen Soil & More veröffentlicht und vergleicht die tatsächlichen Herstellungskosten von Produkten aus biologisch und konventionell angebauten Feldfrüchten. Anhand mehrerer Beispiele konnte hier gezeigt werden, dass konventionell angebaute Lebensmittel in Zukunft teurer sein werden als Produkte aus biologischer Landwirtschaft, wenn etwa die Kosten für CO2-Emissionen, Bodenverunreinigung oder Subventionen einbezogen werden.
Zusammen mit der Heliopolis Universität leiten die SEKEM-Mitarbeiter zudem etliche Forschungsprojekte und sind dafür verantwortlich, dass die Ergebnisse in die Firmen integriert werden, sodass diese davon auch tatsächlich profitieren.
Koordination und Kommunikation
„Wir recherchieren nicht nur und tragen Fakten zusammen, sondern sind auch für die Organisation und Kommunikation konkreter Projekte verantwortlich“, sagt Abouleish-Boes. So koordiniert das engagierte Team beispielsweise verschiedene Projekte im Bereich erneuerbarer Energien. Sie liegen SEKEM derzeit besonders am Herzen. Jüngst nahm die Initiative die bislang größte Solar-Pumpe Ägyptens in Betrieb (siehe Mit der Kraft der Sonne – Neue Solarpumpe in Wahat El Bahareya).
Forschung für die Praxis – dies ist generell SEKEMs Kernanliegen. Bereits im achten Jahr erscheint ein Bericht, der die nachhaltige Entwicklung SEKEMs dokumentiert, und für den regelmäßig Daten gesammelt und bewertet werden. „Wir müssen die Form der Kommunikation ständig überdenken. Eine besondere Herausforderung stellen dabei die Bereiche Kultur und Soziales dar“, erzählt Maximilian Abouleish-Boes. „Die beiden Dimensionen haben in SEKEM den gleichen Stellenwert wie Wirtschaft und Ökologie, sind aber durch allein Zahlen nicht ausreichend zu vermitteln.“
In der Zwischenzeit untersuchte das Team jene Entwicklungen genauer, die die Grundlage für die „100% Organic“- Studie bilden. „Was wir bereits verraten können, ist, dass die Voraussagen der Studie in den meisten Fällen bestätigt wurden. Der Anbau biologischer Nutzpflanzen wird in Zukunft kosteneffizienter und wettbewerbsfähiger sein, als konventioneller Anbau“, so Abouleish-Boes.
Christine Arlt
Green Economy Scoping Study for Egypt
Earth Security Index 2015