SEKEM zur Corona-Pandemie

Während sich die Welt in einer Krise befindet, reflektieren wir in SEKEM darüber, wie wir aktiv zu einer Bewältigung der Herausforderungen beitragen können. Denn: Die Corona-Krise betrifft nicht nur jeden Menschen mehr oder weniger gleichermaßen, sondern auch alle Bereiche, in denen SEKEM tätig ist und die das Leben prägen – die Wirtschaft, die Umwelt, das soziale Gefüge, sowie den kulturellen Bereich.

In erster Linie sind wir in diesen Tagen mit kraftspendenden Gedanken bei denen, die besonders stark von der Ausbreitung von Covid-19 betroffen sind, die an der Krankheit leiden oder deren Existenz gefährdet ist. Insbesondere wenn wir an diese großen Herausforderungen denken, kommen wir nicht umhin, uns zu fragen, welche Lehren wir aus einer solchen Krise ziehen können. Dazu bewegen wir in der SEKEM Gemeinschaft in regelmäßigen Treffen mit allen unseren Mitarbeitenden viele Fragen und Gedanken.

Was können wir aus der Krise lernen?

In der Vergangenheit hat die Welt in der Überzeugung gelebt, dass eine florierende Wirtschaft grundlegend für das Fortkommen der Menschheit ist. Nun hat die Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit enorme Einbußen erlitten, aber die Welt ist dadurch nicht zugrunde gegangen – kann das eine Lehre für uns sein, die uns ermutigt Wirtschaft neu zu denken?

Die Metropolen mit der größten Umweltverschmutzung scheinen besonders viele Erkrankte aufzuweisen, gleichzeitig erholt sich die Umwelt enorm schnell etwa durch den stark rückläufigen Verkehr. Schafft es die Menschheit nur in einer Krise mit der Umwelt verantwortungsvoll umzugehen, wenn gleichzeitig die persönliche Freiheit eingeschränkt wird?

Wie geht es den anderen Lebewesen auf diesem Planeten und wie wird unser Verhältnis etwa zu den Tieren und der Natur durch die bedrohte menschliche Gesundheit beeinflusst?

Ist die Ausbreitung einer solchen Pandemie durch den Materialismus beeinflusst? Oder: Was kann jeder einzelne von uns für seine individuelle Entwicklung aus dieser Krise lernen?

Trotz „Social Distancing“ erleben wir eine wachsende soziale Verantwortung – sind vielleicht doch die VerkäuferInnen, Pflegekräfte oder HandwerkerInnen diejenigen, die unsere Gesellschaft tragen und nicht nur Konzernchefs und Politiker? Und während das Leben auf das notwendigste reduziert ist, zeigen sich Kunst und Kultur als wichtiger denn je. Menschen singen auf den Balkonen, Polizisten tanzen auf den Straßen und der Durst nach geistiger Nahrung wächst.

Situation in Ägypten

Laut offizieller Zahlen sind in Ägypten aktuell knapp über 3000 Menschen an Covid-19 erkrankt und rund 200 an den Folgen verstorben. Damit steht das Land noch ganz am Anfang der exponentiellen Wachstumskurve. Schulen, Universitäten, Moschee, Kirchen sowie die archäologischen Stätten und Strände sind geschlossen und zwischen acht Uhr abends und sechs Uhr morgens gibt es eine Ausgangssperre. Um den Auswirkungen der Krise entgegenzuwirken, hat die ägyptische Regierung sechs Milliarden Euro bereitgestellt.

Um unsere Gemeinschaftsmitglieder zu schützen und zu einer Verlangsamung der Ausbreitung von Covid-19 beizutragen, haben auch wir in SEKEM verschiedenste Sicherheits- und Hygienemaßnahmen eingeführt. Wir geben Hygieneprodukte und Desinfektionsmittel aus und messen regelmäßig die Temperatur der Mitarbeitenden. Alle größeren Veranstaltungen wurden abgesagt und der Gästebetrieb ist eingestellt.

Kümmern und Sicherheit geben

Mit diesen Entwicklungen geht aber gleichzeitig einher, dass unsere Mitarbeitenden vermehrt den Wunsch nach Kunst und Kultur äußern. Nachdem wir die kulturellen Aktivitäten zunächst eingestellt hatten, finden sie jetzt wieder in angepasster Form wöchentlich statt. Wir verstehen diese Zeit insbesondere als eine Lernphase für das umeinander kümmern, füreinander sorgen und Sicherheit geben. Und die Auswirkungen dessen zeigen wunderbare Wirkung: Wir freuen uns, dass die Stimmung und der Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft momentan trotz allen Herausforderungen besonders positiv sind.

Gute Stimmung und unser Beitrag

In dieser Stimmung betrachten wir auch unsere Zukunftsvision für 2057. Wir beobachten, wie die Corona-Pandemie die Welt im Sozialen, in der Ökologie, in der Wirtschaft und im Kulturellen verändert hat und welche Auswirkungen dies auf unsere 18 Visionsziele haben kann. Wir überlegen auch, wie wir mit der Umsetzung dieser Ziele dazu beitragen können, dass wir und unsere Umwelt für künftige Herausforderungen besser gewappnet sind. Das sind die vier Ziele, die wir uns für diese Zeit vorgenommen haben:

  1. Der Ausbau eines integrativen Gesundheitskonzeptes innerhalb der SEKEM Gemeinschaft und die Einführung dieses Ansatzes in Ägypten soll zur Stärkung und Resilienz jedes einzelnen beitragen. Das schließt natürliche Produkte, gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und pflanzliche Arznei ebenso mit ein wie die geistige Entwicklung, Kunst und Kultur und soziale Beziehungen.
  2. Die Einführung des Standards und Labels für eine „Wirtschaft der Liebe“. In Zeiten wo die gesamte Weltwirtschaft zum Erliegen kommt, wollen wir die Wirtschaft nicht nur aus der Perspektive der Leidtragenden betrachten. Ebenso wenig wollen wir uns auf eine rein unternehmerische Sicht beschränken und das erhöhte Verkaufspotential bestimmter Produkte und Bereiche ausnutzen, sondern die Chance ergreifen und mit unserem „Wirtschaft der Liebe“-Konzept zum Umdenken und einer innovativen Neugestaltung der Wirtschaft anregen.
  3. Weiter und verstärkt zu einer 100% nachhaltigen Landwirtschaft in Ägypten beitragen. Eine schadstofffreie Natur, die gesunde und natürliche Lebensmittel produziert, ist nun wichtiger denn je. Dies zeigt beispielsweise der enorme Anstieg der Nachfrage nach Bio-Produkten in Ägypten und auf internationalen Märkten.
  4. Das SEKEM-“Core Program” und -“Space of Culture” als Kunst- und Kultur-Initiativen in allen Tätigkeitsbereichen weiter ausbauen und in Ägypten verbreiten. Der wichtige Einfluss von geistiger Nahrung auf die Widerstandsfähigkeit und Gesundheit der Menschen zeigt sich in diesen Tagen besonders deutlich.

Wir wollen die Krise im SEKEM-Sinne in allen Bereichen als Chance nutzen, ohne dabei den Ernst der Lage zu vernachlässigen. Dadurch hoffen wir über alle unsere Kanäle und Netzwerke in Ägypten und international einen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen zu leisten.

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