Schicksalhaftes Wir: Zum Tod von Dr. Hans Werner

Dr. Hans Werner, unser langjähriger Vorstandsvorsitzende und Mitbegründer der SEKEM Freunde Deutschland, ist am 19. Oktober 2022 im Alter von 97 Jahren verstorben. Er war einer der engsten Freunde von Ibrahim Abouleish und hat die Realisierung der SEKEM Initiative prägend mitgestaltet.

„Ich wusste, dass ihr kommt!“ Mit ausgebreiteten Armen muss Ibrahim Abouleish am 26. Januar 1981 Dr. Hans Werner und seiner Frau Elfriede entgegengetreten sein. So steht es in Hans Werners Tagebuch geschrieben und so hat er seine erste Begegnung mit dem SEKEM-Gründer auch stets in Gesprächen geschildert. Im Karnak-Tempel berichtete eine andere Touristin dem Ehepaar Werner erstmals von „dem Anthroposophen, der in der Wüste nahe Kairo eine besondere Vision umsetzen wolle“. Es war Elfriede Werner, die von dem Moment an alle Hebel in Bewegung setzte, um diesen Menschen kennenzulernen. Und obwohl Ibrahim Abouleish sie noch nie zuvor gesehen hatte, begrüßte er sie an dem besagten Januartag, als wären sie alte Bekannte. So wurde SEKEM schicksalhaft für das Leben von Dr. Hans Werner, wie auch er schicksalhaft für SEKEM wurde.

Dr. Hans Werner (rechts) mit seinem guten Freund dem SEKEM-Gründer Ibrahim Abouleish in Ägypten.

Das Ehepaar Werner reiste fortan regelmäßig nach Ägypten und setze sich vor allem für den Kultur-Impuls der SEKEM-Vision ein. Mithilfe der Initiative der Werners wurde die SEKEM Stiftung für Entwicklung (SEKEM Development Foundation) gegründet, unter deren Dach kurz darauf die erste Schule in SEKEM entstand und heute alle kulturellen Aktivitäten SEKEMs stattfinden. Beinahe zeitgleich riefen sie den deutschen Verein zur Förderung kultureller Entwicklung in Ägypten, heute bekannt als SEKEM Freunde Deutschland, ins Leben und verbreiteten darüber den ganzheitlichen Entwicklungsimpuls aus Ägypten auch in deutschen und später europäischen Kreisen.

Der anthroposophische Arzt Dr. Hans Werner gründete außerdem Mitte der 1990er Jahre das medizinische Zentrum SEKEMs und begleitet dessen Aufbau. Mittlerweile wird das Medical Center täglich von mehreren Hundert Menschen aus der Umgebung SEKEMs besucht und bietet umfangreiche medizinische Behandlungen. Elfriede und Hans Werner zählten zu den engsten Freunden des SEKEM-Gründers Ibrahim Abouleish und verstanden es auch in ihrer Heimat, etliche Menschen von SEKEM zu begeistern, die dann zu prägenden Mitgestaltern wurden.

Hans Werner war nicht nur in Ägypten ein tatkräftiger Gründer. In seiner Heimat Pforzheim baute er 1960 eine moderne internistische Praxis auf. In den Räumen dieser Praxis initiierte er zusammen mit Freunden das Carl Gustav Carus-Instituts zur Neubearbeitung des Mistel-Krebsbehandlung. Aus diesem Keim entstand 1972 die pharmazeutische Firma ABNOBA und 1975 die anthroposophische Klinik Öschelbronn. Parallel zu all diesen Aktivitäten half er in den 1980er und -90er Jahren aktiv mit, dass in der damaligen Sowjetunion (Russland, Ukraine und Georgien) die anthroposophische Medizin bekannt wurde und erste praktische Anwendung fand.

Für SEKEM war Hans Werner existenziell. Er war zutiefst mit der Vision von Ibrahim Abouleish und SEKEM verbunden und hat sie in die Welt getragen. Ohne seine Geisteskraft, die tiefe Verbundenheit und seine tatkräftige Arbeit wäre SEKEM nicht zu dem geworden, was es heute ist.

SEKEM hat das diesjährige Herbstfest am 27. Oktober, einen Tag nach der Trauerfeier für Dr. Hans Werner in Niefern-Öschelbronn, dem langjährigen Freund gewidmet. Dieses Fest feiert die Gründung SEKEMs und wurde von Ibrahim Abouleish als Wir-Fest ins Leben gerufen. Mit der Widmung dieses Fest der Gemeinschaft, der gemeinsamen Gestaltungskraft und Verbundenheit will SEKEM zum Ausdruck bringen: Hans Werner war ein Mitbegründer SEKEMs, er war auf der Erde und ist nun in anderen Sphären ein prägender Geist SEKEMs und er ist derjenige, der das größere Wir in die SEKEM-Vision gepflanzt hat.

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