Menschen in SEKEM: Entsar Meslam

„Erzieher sind wichtige Diener der Menschheit. Das war eine Botschaft, die Dr. Abouleish uns vermittelt hat“, berichtet Entsar Meslam von den wöchentlichen Treffen mit dem SEKEM-Gründer. „Es ist schon eine Weile her, seitdem er verstorben ist, aber ich fühle seinen Geist und seine Präsenz immer noch überall“, sagt die Leiterin aus dem SEKEM Kindergarten.

Entsar Meslam hat gleich nach ihrem Hochschula-Abschluss 1996 begonnen bei SEKEM zu arbeiten. „Ich war es zwar gewohnt auf meine Nichten und Neffen aufzupassen, wenn die Eltern ausgingen, trotzdem habe ich mich zu Beginn meiner Tätigkeit als Erzieherin sehr unsicher gefühlt“, erinnert sie sich. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die mittlerweile leidenschaftliche Erzieherin keine Ausbildung im Bildungsbereich hatte, sondern Handel studierte. Ein weiterer Grund war Entsars damaliger Lebensstil: „Ich genoss es ganz ohne Pflichten Zuhause zu sein – ich war sehr verwöhnt und faul! Ich wachte um die Mittagszeit auf, schaute fern, während ich spät frühstücke. Dann habe ich gekocht oder bin mit Freunden ausgegangen.“ Das änderte sich mit ihrer Beschäftigung in SEKEM schlagartig.

Ein Zufall zur richtigen Zeit

Durch Zufall erfuhr Entsar Meslam vor etwa 22 Jahren von SEKEM und, dass dort Erzieherinnen gesucht würden. „Meine Cousine arbeitete in SEKEMs Kindergarten und musste ihre Arbeit aufgeben, als sie schwanger wurde. Sie empfahl mich als ihre Nachfolgerin“, berichtet die langjährige SEKEM-Mitarbeiterin. Das war kurz nach dem Tod ihres Vaters: „Es war zwar ein Zufall, der aber genau zur richtigen Zeit kam. Die Arbeit in SEKEM war für mich sehr hilfreich, um mich von der Trauer um meinen Vater abzulenken“, erklärt sie.

„Regina hat mich und die Entwicklung des SEKEM Kindergartens eng begleitet. Gemeinsam haben wir viel gestaltet.“

Die Mutter eines Sohnes war zwischenzeitlich auch in der SEKEM Babygruppe beschäftigt, wo sie mittlerweile den einjährigen Hossam hinbringt. „Das war zu Beginn meiner Schwangerschaft, bevor ich meinen Sohn Hossam bekam. Jetzt gehe ich nur zweimal am Tag in den Pausen dorthin, um ihn zu stillen“, berichtet die liebevolle Mutter. SEKEM bietet den stillenden Müttern unter den Mitarbeiterinnen zusätzliche Pausen während der Arbeitszeiten, um ihre Babys zu besuchen. Diese und viele weitere Angebote sind wichtige Bestandteil der „Gender Strategy for a Balanced Society“, die SEKEM vor drei Jahren veröffentlicht hat, um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern.

Entsar (Mitte), die Leiterin des SEKEM Kindergartens, mit ihren Kolleginnen.

“Obwohl unsere Arbeit hauptsächlich von Frauen ausgeübt wird, wäre es wünschenswert auch ein paar mehr männliche Erzieher zu haben”, sagt Entsar. Das Potenzial von jungen Männern im Umgang mit Kindern hat Entsar während eines Girls’ Day erkannt: “Die Schüler aus der SEKEM Schule hatten ein ganz tolles Gespür für das Befinden der Kinder.” SEKEM veranstaltet jedes Jahr einen Girls’ Day zu dem Schülerinnen die Werkstätten besuchen, in denenen hauptsächlich Männer tätig sind, und Schüler ein Praktikum im Kindergarten oder der Heilpädagogik absolvieren, Berufsfelder, die überwiegend von Frauen besetzt sind. Ziel ist es, den jungen Menschen dadurch verschiedene Einblicke zu ermöglichen, sodass ein gleichberechtigtes Bewusstsein bei der Berufswahl gefördert wird.

Kindesentwicklungen begleiten – sich selber entwickeln

Entsar arbeitet eng mit Regina Hanel zusammen, die SEKEM schon seit 25 Jahren intensiv begleitet. Sie war die langjährige Assistentin von SEKEM Gründer Ibrahim Abouleish und gleichzeitig die Leiterin des Kindergartens. „Regina hat mich und die Entwicklung des Kindergartens eng begleitet. Gemeinsam haben wir die Gruppenräume gestaltet, Spielzeuge für die Kinder ausgewählt und sogar die Wände bemalt“, erinnert sich die heutige Leiterin des Kindergarten. „Das war ganz zu Beginn, als es noch nicht ausreichend qualifizierte Erzieherinnen gab und wir fast alles selber machen mussten.“

Der Tag im SEKEM Kindergarten beginnt mit dem Morgenkreis und Gedichten.

„Kinder haben reine Seelen, die so sanft wie möglich wachsen sollten, damit sich ihr volles Potenzial entfalten kann.“ Ibrahim Abouleish

In den vergangenen 22 Jahren hat Entsar nicht nur die Entwicklung von vielen Kindern in SEKEM unterstützte und begleitete, sondern auch selber eine erstaunliche Entwicklung vollzogen. Durch die Teilnahme an etlichen Fortbildungen und Kursen, die SEKEM allen Lehrern und Mitarbeitern regelmäßig anbietet, ist Entsar mittlerweile zur Leiterin aller SEKEM-Einrichtungen für Kleinkinder geworden – die Babygruppe, die Kleinkinderbetreuung und der Kindergarten sind heute unter ihrer Verantwortung. “Die kulturellen Aktivitäten wie Malkurse oder Eurythmie stärken nicht nur den Team-Geist, sondern unterstützen auch die individuelle geistige Entwicklung”, berichtet sie. Aktuell absolviert die engagierte Erzieherin ein zweijähriges Diplom für Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Heliopolis Universität. “Solche Trainings helfen mir sehr dabei, immer neue Wege zu finden, den Alltag und die Aktivitäten mit den Kindern zu gestalten.”

Entsar Meslam betreut zudem die Einführung und Ausbildung neuer Erzieherinnen und berät auch Eltern, wenn sie Fragen zur Entwicklung ihrer Kleinkinder haben. Unter ihren Aufgabenbereich fällt außerdem die Jahresplanung. “Es macht mir besonders große Freude Lieder, Bücher oder Spiele für die Kinder in den verschiedenen Altersstufen auszuwählen”, so Entsar. „Dabei werden wir immer noch von den Worten von Dr. Abouleish geleitet. Er hat uns beigebracht, wie wir auf die Seelen der Kinder schauen sollten“, sagt die SEKEM-Mitarbeiterin. „Und ich glaube fest an das, was er gesagt hat: Kinder haben reine Seelen, die so sanft wie möglich wachsen sollten, damit sie ihr volles Potenzial entfalten können.“

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