Goethes Herz schlägt orientalisch: Orient und Okzident in SEKEM auf der Bühne

Immer wieder verschwand unsere Kollegin Noha Hussein in den vergangenen Wochen aus dem Büro. Nach etwa einer Stunde kehrte sie strahlend zurück. Sie war bei den Proben für das Theaterstück „Hulm“, in dem MitarbeiterInnen, LehrerInnen und StudentInnen aus verschiedenen SEKEM Institutionen und der Heliopolis Universität mitwirkten.

Wie die meisten der Laienschauspieler stand Noha zum ersten Mal auf der Bühne. „Am Anfang wusste ich nicht ob es das Richtige für mich ist aber ich habe sehr schnell Spaß an der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen KollegInnen gefunden und Dorothea hat uns ganz wunderbar an die Kunst des Schauspiels herangeführt.“

Noha Hussein auf der Bühne.
Noha Hussein auf der Bühne.

Die deutsche Künstlerin für Sprache und Schauspiel Dorothea Walter inszenierte das Theaterstück in arabischer Sprache mit der SEKEM Gemeinschaft. Seit etlichen Jahren ist sie regelmäßig zu Gast in SEKEM und bringt Schülern bis Managern die Bedeutung und Kunst der Sprache näher. „Nach all den Jahren ist es immer wieder aufs Neue beeindrucken was Kunst und Sprache aus Menschen macht“, sagt die langjährige SEKEM Unterstützerin. „Die Ägypter sind ein Volk der Sprache, lieben die Dichtung und haben eine besondere Begabung für Schauspiel.“

Uralte orientalische Weisheiten

„Hulm“ (Traum), angelehnt an einen Roman von Rafik Schami, ist mehr als ein Theaterstück für und von Ägyptern. Es geht um die Verbindung von Orient und Okzident über die Literatur der beiden zunächst sehr unterschiedlich erscheinenden Kulturen. Die Bewohner der arabischen Insel Hulm sollen die besten DichterInnen der Welt kennen lernen, um so die Seele der fremden Kulturen besser verstehen zu können. Prinz Tuma, der aus Europa kommt, stellt einer Kommission von Gelehrten den großen deutschen Dichter und Denker Goethe vor. Als er etwa von „Die Leiden des jungen Werther“ berichtet erkennt einer der Gelehrten: „Bei Gott, Goethes Herz schlägt ja orientalisch, denn die Hälfte unserer Dichtung berichtet von unerfüllter Liebe. Denkt nur an Quais und Leila, die durch die Geschichte „Leila und Madschnun“ berühmt wurden.“ Ähnliches wird den Gelehrten auch klar als sie Einblicke in Goethes „West-östlicher Divan“ erhalten. „Das sind doch uralte orientalische Weisheiten, Gedanken, die man in unseren Büchern der weisen Sprüchen findet.“

Als Prinz Tuma von Goethes Faust berichtet erscheint Mephisto im Hintergrund.

„Dieses Theaterstück verbindet die klassische orientalische Erzähltradition mit dem nie veraltenden Motiv, dass Weisheit zu einer friedlichen Welt gehört“, sagt Dorothea Walter. „Ebenso zeigt es die Idee von SEKEM, einen Ort von ganzheitlichem, weisheitsvollem Lernen und Leben.“

Gemeinsames Schaffen und Spaß fördern den Zusammenhalt

Noha Hussein aus SEKEMs Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit hat genau das erfahren können. Sie hat sich zweimal in der Woche mit den Kollegen aus den verschiedensten Bereichen getroffen und geprobt. „Wir hatten so viel Spaß bei den Proben und sind über uns hinausgewachsen“, erzählt sie. Dabei spielte es keine Rolle ob ein Dekan der Heliopolis Universität, ein SEKEM Lehrer oder Studenten neben ihr standen. „Wir haben gemeinsam gelacht als wenn wir eine Familie wären und gelernt, dass wir nur gemeinsam erfolgreich sein können.“

The amateur actors did not only enjoy the weekly rehearsals, they also presented their positive attitude on stage.
Die Laienschauspieler hatten nicht nur Spaß während den Proben, auch bei der Aufführung war die Stimmung groß.

Dieser Zusammenhalt war auch bei der Premiere am 29. Februar zu spüren. Das Publikum im großen Theatersaal der Heliopolis Universität war ebenso bunt gemischt wie die Schauspieler auf der Bühne – MitarbeiterInnen aus den SEKEM Fabriken, Lehrer, Studenten oder Kollegen aus der Hauptverwaltung. Jeder kannte wohl eine oder einen der SchauspielerInnen und konnte die KollegInnen so einmal in einer ganz anderen Rolle wahrnehmen. „Ich habe meine KollegInnen besser und anders kennengelernt und das hilft mir in der täglichen Arbeit bewusster und besser zu kommunizieren“, berichtet die Bühnenprotagonistin Sondos Magdy aus der Personalabteilung von SEKEMs Firma ATOS.

Darüber freut sich nicht nur Sprachtkünstlerin Dorothea Walter, die Theater, unter anderem als Instrument zur Förderung von gemeinschaftlichem Arbeiten versteht. Auch wir, die KollegInnen von Noha Hussein, haben ihr mit Freude zugeschaut und Woche für Woche von der positive Ausstrahlung profitiert, mit der sie nach den Proben zurück ins Büro kam und sich wieder an ihre Arbeit setzte.

Christine Arlt

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