Vor 20 Jahren konnte Dank einer Spende der Stadt Biberach das Berufsbildungszentrum in SEKEM begründet werden. Dr. Hans Werner berichtet von den Anfängen der Initiative.
In Ägypten gibt es außer den ägyptisch-deutschen Berufsschulen keine öffentlichen oder privaten Einrichtungen zum Erlernen von Handwerksberufen. Dass SEKEM vor vielen Jahren als eine ihrer ersten Einrichtungen eine Berufsschule eröffnen konnte, hat sie unter anderem der Stadt Biberach sowie der Initiative vieler einzelner Unterstützer zu verdanken. An der Volkshochschule Biberach/Riss in Süddeutschland fand am 23. Januar 2015 nun ein Vortrag zu SEKEM und der „Entwicklungszusammenarbeit in der Wüste“ statt. Dr. Hans Werner, der mit seiner Frau Elfriede, die Entstehung der SEKEM Initiative maßgeblich mitgestaltet hat, berichtete hier einem mit vielen interessierten Zuhörern angefüllten Saal nicht nur vom Aufbau SEKEMs, sondern auch von den Herausforderungen im heutigen Ägypten. Dabei unterstrich er auch die Bedeutung der Unterstützung der Stadt Biberach im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des Berufsbildungszentrums in SEKEM, das heute eine Vielzahl von Ausbildungsberufen anbietet.
Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land
Dr. Hans Werner ist selber in Biberach aufgewachsen und fand später durch eine schicksalhafte Begegnung Kontakt zu dem damaligen Oberbürgermeister Claus-Wilhelm Hoffmann. Der ehemalige Politiker ist heute Vorstandsmitglied des Vereins „SEKEM Freunde“ und hat damals einen Entwicklungsfond gegründet, über den Biberacher Bürger Förderungen für eigene Projekte erhalten konnten. So entschied der Stadtrat, den Bau einer Berufsschule in Ägypten mit 120.000 DM zu fördern. Da die SEKEM Farm inmitten von 13 Dörfern liegt, deren Bewohner zum großen Teil an der Armutsgrenze leben, sah die Stadt Biberach ihre finanzielle Unterstützung dort angemessen eingesetzt. 1997 wurde die Berufsschule eröffnet, 1999 staatlich anerkannt, und einige Zeit später schloss sie sich den 40 Schulen des deutsch-ägyptischen Berufsbildungszentrums in Ägypten an.
Seither können in SEKEM Abschlüsse in Elektrotechnik, im Zimmer- und Schneiderhandwerk sowie in der Mechanik, Buchhaltung, Installationstechnik und Landwirtschaftstechnik erworben werden. Aktuell absolvieren etwa 240 Auszubildende eine dreijährige Berufsausbildung. Seit der Gründung konnten über 750 junge Leute einen Beruf in der SEKEM-Einrichtung erlernen und etliche von ihnen wurden daraufhin von SEKEM-Firmen übernommen.
Wer die SEKEM Berufsschule besuchen möchte, muss zunächst über einen Abschluss der 9. Schulklasse verfügen, eine Prüfung bestehen und anschließend in einem persönlichen Gespräch durch Motivation und Engagement überzeugen. Dreimal in der Woche haben die SEKEM-Auszubildenden dann acht Stunden Unterricht in den Grund-Fächern Englisch, Arabisch und Religionskunde. Die restlichen vier Tage findet der praktische Unterricht in den schulischen Werkstätten und in den SEKEM-Betrieben satt. 25 ägyptische Lehrer mit Handwerkerausbildung und pädagogischem Studium betreuen die Schüler.
Auch das Lehrpersonal bildet sich regelmäßig in Englisch, Kunst und Pädagogik fort. Zusätzlich kommen jährlich erfahrene Handwerker und Pädagogen aus Europa für mehrere Monate nach SEKEM und unterstützen die Lehrer bei ihrer Weiterbildung. So konnte SEKEMs Schreinerei jüngst durch die einjährige Betreuung eines schweizer Schreinermeisters ausgebaut werden. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützte SEKEM außerdem dabei, eine Schweißwerkstatt für die Lehre einzurichten. 2015 wird zudem der Bereich Landwirtschaftstechnik mit Hilfe der Förderung der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-Württemberg erweitert.
Die Berufsschule in SEKEM ist ein Betrieb, der ständig auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist. „Obwohl SEKEM selber einen großen Teil der Unkosten bewältigt, sind wir stets dankbar für die finanzielle Unterstützung der SEKEM Vereine. Gleichwohl freuen wir uns aber auch immer über Menschen, die bereit sind, ihre Fähigkeiten produktiv in die Entwicklung der Schule einzubringen“, so Hans Werner.
Bildung für Nachhaltigkeit
Der dankte in seinem ambitionierten Vortrag der Gemeinde Biberach ganz besonders für die großzügige Spende, mit der vor 20 Jahren die Realisierung der SEKEM Berufsschule ermöglicht werden konnte. Für Ägypten ist es nach wie vor von maßgeblicher Bedeutung, dass junge Menschen zu kompetenten Handwerkern ausgebildet werden, nicht zuletzt durch die wachsende Zahl Jugendlicher im Land. So versucht SEKEM auch mit dem Berufsbildungszentrum einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft zu leisten. „Wir sind vor allem der Stadt Biberach aber auch allen anderen, die dabei geholfen haben, dass eine große Anzahl weiblicher und männlicher Jugendlicher in SEKEM einen Beruf erlernen können, zu tiefem Dank verpflichtet“, so Werner weiter. „Wir freuen uns über jede weitere Zuwendung, die dem Berufsbildungszentrum in SEKEM zuteil wird.“