Das Bevölkerungswachstum und die Strukturschwächen des öffentlichen Gesundheitswesens in Ägypten stellen das örtliche Gesundheitssystem infrage. Das staatliche Gesundheitswesen ist sowohl unterfinanziert als auch unterbesetzt. In Ägypten mangelt es an gut ausgebildeten Pflegepersonal und Ärzten. Zusätzlich befinden sich die öffentlichen Krankenhäuser in einem schlechten Zustand. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) standen im Jahr 2012 beispielsweise nur 0,5 Krankenhausbetten für 1000 Personen in Ägypten zur Verfügung – verglichen mit beispielsweise 2,7 Krankenhausbetten pro 1000 Personen in der Türkei (OECD 2014).
Obwohl die Kinder- und Müttersterblichkeit in Ägypten in den vergangenen Jahren stark abgenommen hat, bestehen nach wie vor erhebliche regionale Disparitäten. Der 2014 Egypt Demographic and Health Survey fand beispielsweise heraus, dass die Sterblichkeitsrate bei Säuglingen und Kindern unter fünf Jahren bei Kindern, die in der Stadt leben (23 Todesfälle pro 1.000), niedriger ist als bei Kindern, die in ländlichen Gebieten wohnen (34 Todesfälle pro 1000). Um diese Unterschiede zu überkommen, müssen medizinische Grundversorgung und Vorsorgemedizin weiter fokussiert werden.
Der Zugang zu Gesundheitsdiensten ist ein Menschenrecht
Medizinische Versorgung ist Teil des Gesamtplans für Gemeinschaftsentwicklung. Das dritte Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG) lautet: “Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern”. Absichtlich nicht im städtischen Kairo, bietet SEKEMs Medizinisches Zentrum medizinische Leistungen in der Region an. Das Medizinische Zentrum eröffnete im Jahr 1996 auf der SEKEM Farm bei Belbeis und steht seither den SEKEM Mitarbeitern, Studenten und rund 40.000 Gemeindemitgliedern offen.
“Die Frauen kommen mit vielen Fragen zu uns und wollen mit uns Probleme, wie weibliche Genitalverstümmelung, persönliche Hygiene und späte Mutterschaft, besprechen”, Dr. Samira Al Mallah
Die Ärzte der verschiedenen Kliniken und Sozialarbeiter behandeln die Patienten vorbeugend und kurativ. Sie klären die Menschen über Hygiene auf und informieren sie über weitere Gesundheitsthemen, wie beispielsweise Ernährung oder sexuelle und reproduktive Gesundheit. “Für die Mitarbeiterinnen von NatureTex und ISIS veranstalten wir regelmäßig medizinische Beratungssitzungen. Dabei reden wir mit ihnen zum Beispiel über die anatomischen Grundlagen der weiblichen Sexuolorgane, Schwangerschaft und Mutterschaft”, berichtet Dr. Samira Al Mallah von SEKEMs Medizinischen Zentrum. “Die Frauen kommen mit vielen Fragen zu uns und wollen mit uns Probleme, wie weibliche Genitalverstümmelung, persönliche Hygiene und späte Mutterschaft, besprechen”, fährt sie fort. Umgekehrt beraten männliche Ärzte männliche SEKEM Mitarbeiter in Sitzungen zu Chancengleichheit.
Die Verbreitung von Hepatitis B und C ist darüber hinaus weiterhin ein Problem in Ägypten. Laut WHO-Daten (2012) drohen vor allem die Ansteckungen mit Hepatitis C weiter zuzunehmen. Das hochinfektiöse Virus Hepatitis C wird über Blut übertragen und führt zu geschätzten 40.000 jährlichen Todesfällen in Ägypten. In Ägypten herrscht auch mit die weltweit höchste Verbreitungsrate von Hepatitis C, da während einer großangelegten Gesundheitskampagne gegen Schistosomiasis in den 1960er bis 1980er Jahren nicht ordnungsgemäß sterilisierte Nadeln verwendet wurden.
SEKEMs Medizinische Zentrum: Mehr als 1800 Patienten von Hepatitis C geheilt
Um diese Entwicklung zu bekämpfen, wählte die Public Health Insurance Organisation SEKEMs Medizinisches Zentrum als eine zentrale Anlaufstelle zur Behandlung von Hepatitis-C-Patienten in den umliegenden Dörfern aus. Seit März 2016 konnte das Zentrum insgesamt mehr als 1800 Patienten vollkommen heilen. Für Check-ups kommen die Patienten nun alle drei Monate zurück. “Zusätzlich erhalten die Patienten eine Hepatitis-B-Impfung als Prophylaxe-Maßnahme und immunologische Behandlungsmethode”, erklärt Sabry Mokhtar, Verwaltungsleiter bei von SEKEMs Medizinischen Zentrum. Im Rahmen der ägyptischen Regierungskampagne “Ägypten frei von Hepatitis C bis 2020” ist SEKEM zuversichtlich, noch weitaus mehr Patienten von Hepatitis C zu heilen.
Was noch, um allen Menschen ein gesundes Leben zu ermöglichen?
Während der Anteil der Todesfälle, die auf übertragbare Krankheiten zurückzuführen sind, generell zurückgegangen ist, haben in Ägypten in den letzten Jahren vor allem nicht übertragbare Krankheitsfälle wie Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit und chronische Atemwegserkrankungen zugenommen. Laut WHO sind sie mittlerweile die Haupttodesursache in Ägypten (82%). Um immer auf dem neuesten Stand der gesundheitlichen Entwicklungen zu sein, organisiert SEKEMs Medizinisches Zentrum regelmäßige Trainingsprogramme. Die enge Zusammenarbeit mit Gesundheitsbehörden, Krankenkassen und den staatlichen Gesundheitszentren garantieren den Menschen Gesundheitsdienstleistungen in der Region. Coaching sorgt zusätzlich dafür, dass alle Ärzte, Sozialarbeiter und medizinischen Mitarbeiter sich regelmäßig fortbilden, um über die Entwicklungen in der modernen Medizin immer informiert zu sein.
Aus diesem Grund liegt der Heliopolis Universität für Nachhaltige Entwicklung, die im Jahr 2012 unter der Schirmherrschaft von SEKEM eröffnet wurde, auch Forschung sehr am Herzen. Die Universität verzeichnet derzeit etwa 800 in der Pharmazie eingeschriebene Studenten. Erste Absolventen wird die Universität in diesem Jahr verabschieden können. Außerdem entwickelt die Forschungseinrichtung pflanzliche Medikamente in den Laboratorien. Damit bleibt die Heliopolis Universität ihrer ganzheitlichen Gesundheitsphilosophie treu, dass nicht jede Krankheit mit chemischer Medizin behandelt werden muss.
SEKEM vertritt den Standpunkt, dass eine bessere Gesundheit für das menschliche Glück und Wohlbefinden von zentraler Bedeutung ist.
Ins Kerngeschäft integrierte Gesundheit
SEKEM vertritt den Standpunkt, dass eine bessere Gesundheit für das menschliche Glück und Wohlbefinden von zentraler Bedeutung ist. Daher trägt sie auch zum wirtschaftlichen Fortschritt bei, da gesunde Bevölkerungsgruppen länger leben und produktiver sind. Um jeden ein gesundes Leben zu ermöglichen, entwickeln SEKEMs Unternehmen gesunde Lebensmittel, Phytopharmazeutika sowie weitere relevante Gesundheitsprodukte, Methoden zur frühen Diagnose von Krankheiten sowie Bio-Diagnosemittel. Für SEKEM ist es wichtig, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht gesundheitsschädlich sind, sondern einen gesunden Lebensstil fördern. SEKEMs Biodynamische Landwirtschaft erzeugt keinerlei Verschmutzung und damit auch keine gesundheitlichen Probleme. Damit alle Mitarbeiter gesund bleiben, bietet SEKEM ihnen eine staatliche oder – falls gewünscht – auch eine private Krankenversicherung, an der sich SEKEM beteiligt, an.
Aus der Idee einer nachhaltigen Entwicklung und dem Aufbau einer blühenden Zukunft für Ägypten und die Welt, entstand SEKEM vor 40 Jahren. Für SEKEM ist nachhaltige Entwicklung kein Modethema, sondern Kerngeschäft. SEKEM orientiert sich an der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ und der Erreichung aller 17 SDGs. Das ganzheitliche Konzept misst SEKEM mit der sogenannten Nachhaltigkeitsblume. Die Blume ist ein Management-, Bewertungs- und Kommunikationsinstrument, welches das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in ihren vier Dimensionen symbolisiert: Wirtschaftsleben, gesellschaftliches Leben, kulturelles Leben und Ökologie.
Christina Büns
Was tut SEKEM, um das SDG 1 zu erreichen?
SEKEM engagiert sich für alle Ziele nachhaltiger Entwicklung der Vereinten Nationen
Erfahren Sie mehr über das SDG 2