Vor 12 Jahren gründete Dietmar Kreuer SEKEM Reisen mit dem Ziel Touristen die Möglichkeit zu geben, den nachhaltigen und ganzheitlichen Ansatz der SEKEM Initiative in Ägypten hautnah zu erleben. Mit SEKEM News sprach Dietmar Kreuer über die Anfänge von SEKEM Reisen, ethischen Tourismus, das neue Webangebot und die Tourismuskrise in Ägypten.
SEKEM News: In den vergangenen 12 Jahren haben Sie über 1000 Gäste nach SEKEM gebracht. Wie kam es dazu, ein auf SEKEM zugeschnittenes touristisches Angebot bereit zu stellen?
Dietmar Kreuer: Als Religionslehrer in der Oberstufe einer Waldorfschule hatte ich viele offene Fragen zum Islam; sich dem Thema nur über Sekundärliteratur zu nähern war für mich unbefriedigend. So nahm ich dankbar und interessiert an einem Seminar über den Islam mit Dr. Abouleish im Rahmen einer Konferenz zu den Weltreligionen im Goetheanum in Dornach teil. Aus diesem Seminar heraus entstand bei vielen der Wunsch nach Vertiefung, die Dr. Abouleish in SEKEM anbot. Ich warb dafür im Lehrerrundbrief und organisierte 1997 das erste Seminar zum Thema Islam in SEKEM, woraus eine jährliche Veranstaltung wurde. Schon bald fragten mich Interessenten auch nach SEKEM-Besuchen ohne Seminare, da SEKEM an sich ja schon interessant genug sei. Dr. Abouleish gab mir freie Hand unter dem Namen SEKEM Reisen Besucher nach Ägypten zu bringen. Das lief so erfolgreich, dass ich 2004 eine Firma anmeldete. Durch den Alternativen Nobelpreis, den SEKEM 2003 erhielt und die Mitgliedschaft im World Economic Forum verstärkte dich bei vielen Menschen das Interesse, das „Wunder in der Wüste“ zu sehen und zu erleben.
SN: Wie sieht eine typische SEKEM Reise aus?
D.K.: Bei der Basisreise SEKEM PUR wohnen die Besucher im schönen Gästehaus auf der SEKEM Farm. Sie bekommen eine ganztägige Führung über das große Gelände und erhalten Einblicke in die vielen unterschiedlichen Institutionen. Anschließend folgen zwei Tage mit den Highlights in und um Kairo: die Pyramiden, das Ägyptische Museum, der Basar und vieles mehr. Der Donnerstag ist dann wieder ganz SEKEM gewidmet. Die wöchentliche Schulfeier wird besucht, mehrere Betriebe werden besichtigt und zum Ende des Arbeitstages nehmen die Gäste am Wochenabschlusskreis mit rund 800 SEKEM Mitarbeitern teil. Freitags gibt es einen Ganztagesausflug in die Oase Fayoum, wo es unter anderem die Möglichkeit gibt mit SEKEMs Vertragsbauern ins Gespräch zu kommen. Samstags steht das islamische und koptische Kairo auf dem Programm, bevor die Reise am Sonntag zu Ende geht.
Wer gerne noch mehr von Ägypten kennenlernen will, kann eine Anschlussreise zu den Schätzen Luxors, ans Rote Meer oder in die Wüste bei der Oase Bahariya buchen. Auch eine Nil-Kreuzfahrt mit einem luxuriösen Segelboot, einer Dahabeya, bieten wir an. Alle Varianten sind in der Regel jederzeit ab zwei Personen buchbar.
SN: SEKEM Reisen hat sich dem ethischen Tourismus verschrieben. Was genau bedeutet das?
D.K.: Schon lange bevor in Deutschland Reiseunternehmen gegründet wurden, die nachhaltigen und für Einheimische verträglichen, eben ethischen Tourismus anbieten, hat SEKEM Nachhaltigkeit und einen ethischen Umgang mit Mitarbeitern, Partnern und der Natur gefördert. Damit hat SEKEMs Philosophie auch die Grundlage für die Anschlussreisen gelegt. Anstatt beispielsweise mit einem dieselbetriebenem Motorschiff 200 km zwischen Luxor und Assuan zurückzulegen, segeln wir mit einer vom Wind angetriebenen Dahabeya über den Nil. Bei Wüstentouren reiten wir auf Kamelen, die mit biologisch erzeugtem Futter und ohne Schläge gehalten werden.
SN: Vor kurzem hat SEKEM Reisen seine Webpräsenz komplett überarbeitet und umgestaltet. Worauf haben Sie dabei besonderen Wert gelegt?
D.K.: Der Hauptimpuls war die Seite auch in englischer Sprache anzubieten. Außerdem wollen wir ein adaptionsfähiges und damit immer gut lesbares Angebot auf allen Endgeräten ermöglichen. Nicht zuletzt hilft uns ein modernes Content Management System nun, die Inhalte stets selbst anzupassen.
SN: Ägypten hat seit der Revolution 2011 mit zurückgehenden Besucherzahlen zu kämpfen, da potentielle Touristen durch Negativschlagzeilen abgeschreckt werden. Hatte das auch Auswirkungen auf SEKEM Reisen und wenn ja, wie vermitteln Sie Ihren Gästen, dass eine Reise nach SEKEM und Ägypten sicher und lohnenswert ist?
D.K.: Seit 2011 sind die Zahlen der verschiedenen SEKEM Reisen um mehr als 50 % zurückgegangen. 2013 waren es gar nur noch 16 Reisende im ganzen Jahr. Die Folgen für die vielen Menschen, die in Ägypten vom Tourismus leben, sind gravierend: Wenn auf 1000 Touristen früher 250 Verkäufer kamen, sie also eher schlecht als recht überleben konnten, schätze ich, ist das Verhältnis heute auf 100 zu 250 gesunken! Besonders drastisch fällt das in Luxor und Edfu auf, wo die Pferdekutscher sich um die Gäste regelrecht streiten.
Als Veranstalter von SEKEM Reisen fahre ich immer wieder ins Land. Ich fühle mich sicher, erlebe nur Freundlichkeit und den dringenden Wunsch, dass der Tourismus sich wieder erholen möge.
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