Helmy Abouleish zu Gast beim 40-jährigen Jubiläum der Freie Landbauschule Bodensee.
Unmögliches möglich zu machen, hieß vor 40 Jahren für eine Gruppe von Demeter-Bäuerinnen und Bauern am Bodensee, mit einer eigenständigen Berufsausbildung für biologisch-dynamische Landwirtschaft zu beginnen. Seither lernen junge Menschen die Kunst der Agrikultur direkt auf den Höfen der Region, begleitet und unterrichtet von Praktikern in einer Schule ohne Klassenzimmer: der Freien Landbauschule Bodensee.
In den vergangenen 40 Jahren hat die Freie Landbauschule etwa 600 biodynamische Landwirte und Gärtner ausgebildet und das nicht nur mit außergewöhnlich guten Prüfungsergebnisse. Die Jubiläumsgäste, darunter Vertreter aus Politik und Wirtschaft, betonten vor allem die Reife, die Selbstständigkeit und die Willenskraft der jungen Menschen. Unter den Gratulanten waren Friedlinde Gurr-Hirsch, Parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Martin Hahn vom Bündnis 90/Die Grünen, Sarah Klein, Ausbildungsberaterin im Bodenseekreis, Alexander Gerber, Vorstand des Demeter e.V. und Helmy Abouleish, Geschäftsführer der ägyptischen SEKEM Initiative und neuer Präsident von Demeter International.
Eigeninitiative, Begeisterung und Herzenswärme
Individuellen Raum für die Entwicklung und Entfaltung von Potenzial, das ermöglicht die Freie Landbauschule Bodensee den jungen Menschen in ihrer Fachausbildung. „Die Landbauschule ist wichtig für die biologisch-dynamische Entwicklung am Bodensee“, so eröffnete Martin Hahn vom Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzender des Ausschusses ländlicher Raum und Verbraucherschutz, den Jubiläumsfestakt. Dass diese Form der Agrarkultur heute Maßstäbe für die Entwicklung der gesamten Landwirtschaft setzt, führte Friedlinde Gurr-Hirsch, Parlamentarische Staatssekretärin, in ihrer Festansprache stellvertretend für Minister Hauck weiter aus. 30% Ökolandbau bis 2030 sind Entwicklungsziel für Baden-Württemberg. Davon solle ein großer Anteil Demeter-Landwirtschaft sein, so die Staatssekretärin. Welche Herausforderung dies für die Aus- und Weiterbildung in der biodynamischen Bewegung darstellt, lässt sich im Moment erst erahnen.
„Junge, bereits sehr gut ausgebildete Menschen, klopfen bei uns an und fragen nach einem Ausbildungsplatz“, skizziert Thomas Müller, Vorstand, Ausbilder und Kollegium der Landbauschule. „Sie möchten erfahren, wie wir im Biodynamischen arbeiten. Wir üben uns also täglich in der Wahrnehmung und lernen, uns als ganzer Mensch in die Zusammenhänge im Arbeiten mit der Natur zu stellen. Theorie und Praxis befruchten sich gegenseitig. So kann Ausbildung gelingen und so finden wir in der Fülle der Anregungen immer wieder den roten Faden, der das Gesamte verbindet.“ Engagement, Eigeninitiative, Ehrenamt, Begeisterung, Herzenswärme – all das prägt die Landbauschule. An die Politik wurde der Wunsch formuliert, dass die Ausbildung auf den Höfen ebenso selbstverständlich staatlich gefördert werden könne, wie etwa Umweltmaßnahmen.
Kulturarbeit mit der Erde
Vom Bodensee nach Ägypten – ein Blickwechsel zum Höhepunkt des Festabends. Auch die SEKEM Initiative hat kürzlich 40-jähriges Jubiläum gefeiert. „Ich komme hierher, weil hier am Bodensee ein Wunder entstanden ist,“ mit diesen Worten spannt Helmy Abouleish, Geschäftsführer der SEKEM Initiative den Bogen zwischen dem Bodensee und Ägypten. Viele Herausforderungen Ägyptens, genannt seien Wassermangel, Luftverschmutzung, Bildungs- oder Demokratieverständnis, sind am Bodensee nicht direkt relevant. Was die Festgesellschaft jedoch verbindet, ist das Verständnis einer Agrikultur als Lebensgrundlage für menschliche Entwicklung. Landbewirtschaftung ist Kulturarbeit mit der Erde, Wirtschaft in der sich Liebe und Respekt ausdrücken und soziale Beziehungen, die gesellschaftlich wirksam werden. „Ich bin froh, dass all dies hier am Bodensee in modernen Formen auf den Höfen gelebt wird. Mit der Bildungsarbeit entfalten wir Licht in den Herzen, Köpfen und Händen unserer Mitarbeiter. Wenn wir in der Bildung all die Fachfragen, die uns beschäftigen, auch künstlerisch bewegen, unsere Sprache gestalten, singen und Theater spielen, helfen wir Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung. Sie erleben dann wie sie wachsen und dies mag das Wertvollste in ihrer Ausbildung sein“, so Helmy Abouleish in seinem Vortrag.
Würdigungen aus ganz verschiedenen Perspektiven, Zuversicht und Visionen am Ende eines jeden Danks. Umrahmt war die Jubiläumsfeier von Musik, mit der die Landbauschüler selbst ihre Freude und Hingabe zum Ausdruck brachten. Es war zu spüren, wie in den jungen Menschen, das aus der Zukunft entgegenkommende Licht schon jetzt leuchtet.
Simone Helmle, Demeter Akademie des Demeter e.V.
Bilder Copyright: Demeter e.V./Simone Helmle
Helmy Abouleish ist neuer Präsident von Demeter International
Neue Generation Bio-Landwirte in SEKEMs Berufsbildungszentrum