„Es geht vor allem darum, an die menschliche Natur zu glauben”, sagt Tamer Badr. „Jeder ist mit besonderen Talenten gesegnet, die uns voneinander unterscheiden. „Die Aufgabe des Lehrers ist es, die Talente der Schüler mit Liebe zu entwickeln und sie nicht zu verformen”, erklärt der Kunstlehrer der SEKEM Schule. Diese Worte verdeutlichen Tamers tiefen Glauben an seine Rolle als Lehrer. Aber sie zeigen auch, dass er realisiert, Teil eines Bildungssystems zu sein, das seit langem an fachlichen Problemen leidet.
Der ergebene Kunstlehrer hatte nie daran gedacht, Lehrer zu werden. In der Universität studierte er Handelswesen und Buchhaltung. „Fast alle meine Familienmitglieder sind Lehrer. Das hat mich aber dazu gebracht, am Anfang meiner Karriere zunächst einen anderen Pfad einzuschlagen”, sagt der ehemalige Buchhalter. „Ich mochte die Idee nicht, Schüler in die Regierungscurricula zu zwingen und ihre freien Gedanken zu blockieren. So habe ich damals über die Arbeit des Lehrers gedacht”, fährt Tamer Badr fort, der nun seit mehr als 20 Jahren bei SEKEM ist.
Lehm-Skulpturen machten ihn zum Lehrer
Der jetzige Lehrer kam 1996 als Produktionsplaner zu Libra, einer von SEKEMs Firmen. „Eines Tages erzählte mir ein Freund von SEKEM und weckte damit meine Neugier. Diese brachte mich dazu, ein Teil von SEKEM zu werden”, sagt der 45-Jährige. Nachdem er zwei Jahre bei Libra gearbeitet hatte, wechselte er an die SEKEM Schule. „Ich war noch mehr beeindruckt, als ich den SEKEM Gründer Dr. Ibrahim Abouleish traf. Wir hatten eine Diskussion, die mir verdeutlichte, wie weitsichtig dieser ägyptische Mann ist. In diesem Moment habe ich erkannt, warum SEKEM ein einzigartiges Geschäftsmodell ist.”
Dr. Abouleish, der an die Macht der Kultur und der Künste als Hauptpfeiler der menschlichen Entwicklung glaubt, war die treibende Kraft für die Veränderung in Tamers Karriere. „Eines Tages bat er mich plötzlich, meinen Job bei Libra zu beenden und als Lehrer tätig zu werden. Das machte mich wahnsinnig!”, erzählt Tamer. Dies geschah, nachdem der Kunstlehrer seine künstlerischen Talente während verschiedener Kulturworkshops gezeigt hat, die SEKEM seinen Mitarbeitern regelmäßig anbietet. Solche Veranstaltungen, darunter auch Schauspiel-, Eurythmie- oder Zeichenkurse, beinhalteten auch Fortbildungen zu Holzarbeiten und Skulpturen. „Ich habe es immer genossen, Skulpturen aus Ton zu fertigen. Genau das hat meinen Betreuern damals meine Talente offenbart”, erinnert sich der Künstler.
“Charisius ist Vorbild für den Kunstunterricht”
Tamer Badr, der zunächst von Waldorflehrern ausgebildet wurde, ist seit 1998 Kunstlehrer an der SEKEM Schule. Neben den künstlerischen Aspekten seiner Tätigkeit hat der beliebte und angesehene Lehrer auch gelernt, mit Schülern professionell umzugehen. „Das Potenzial der Schüler zu erkennen und ihr Bewusstsein für ihre Wahrnehmungen zu wecken, ist der Schlüssel dafür, ihre Kreativität zu fördern”, erklärt Tamer. „Ich danke allen meinen Ausbildern und vor allem Klaus Charisius, der meine frühere vorurteilsbehaftete Perspektive über Lehrer verändert hat”, fährt Tamer fort und zeigt dabei auf ein Bild eines Mannes, das an der Wand des Werkraums angebracht ist. „Charisius ist mein Vorbild für den Kunstunterricht. Möge seine Seele in Frieden ruhen”, erzählt der gewissenhafte SEKEM Lehrer leidenschaftlich über den langjährigen SEKEM-Freund und Unterstützer, der vor etwa 5 Jahren verstorben ist.
Heute ist der Vater von zwei Söhnen und einer Tochter stolz auf den unerwarteten Verlauf seiner Karriere. Obwohl er täglich von Banha aus pendelt, das zweieinhalb Stunden von SEKEM entfernt ist, unterrichtet er seine Schüler täglich mit großer Leidenschaft. „Gemeinsam werken wir, erstellen geometrische Zeichnungen oder fertigen Steinskulpturen und machen sogar Origami – die Kunst, Papier zu falten”, erklärt er. „Unsere Aktivitäten sind nicht auf Schüler beschränkt, wir bieten auch allen SEKEM Mitarbeitern Workshops an. Das steht ganz im Einklang mit der ganzheitlichen Vision von Dr. Abouleish und wir entwickeln sie.”
Der Kampf gegen pädagogische Herausforderungen
Tamer vermittelt auch seinen Kindern den Pädagogikansatz SEKEMs. “Da wir von SEKEM weit weg leben, ist es für meine Kinder schwer, auf die SEKEM Schule zu gehen”, sagt der aufmerksame Lehrer und Vater. „Ich möchte ihnen aber helfen, die Probleme des Bildungssystems zu überwinden, indem ich ihre ethischen Prinzipien in Bezug auf die Natur und Menschheit schärfe”, erklärt er weiter. Trotz der Mängel, die das ägyptische Bildungssystem aufweist, und den Herausforderungen, vor denen System seit langer Zeit steht, glaubt Tamer, dass „der Lehrer ein Prophet mit einer Botschaft des Wandels sein kann – ein Prophet, der nach der Entwicklung seines Volkes und kommender Generationen strebt.”
Noha Hussein
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