Wenn man dieser Tage auf der SEKEM Farm spazieren geht, lachen einen leuchtend gelbe Sonnenblumen an, obwohl die sommerlichen Blumen auch in Ägypten nicht typisch für diese Jahreszeit sind. Es drängt sich die Frage auf, wer diese wunderschönen Blumen gepflanzt hat und ob man nicht einen Strauß pflücken und mit nach Hause nehmen dürfe. . .
Schnell erfährt man, dass ein Mann namens Ismail Elsayed für den Blumengarten neben der SEKEM Schule verantwortlich ist. Der Landwirt arbeitet bereits seit vielen Jahren in SEKEM und hat Dr. Ibrahim Abouleish seit den frühen Anfängen bei der Umsetzung seiner Vision unterstützt. Er hat viele Bereiche in SEKEM kennengelernt und arbeitet nun als Lehrer für biodynamische Landwirtschaft in der heilpädagogischen Einrichtung SEKEMs.
Geduld heißt das Zauberwort
Ismail Elsayeds charaktervoller Gesichtsausdruck lässt viele erlebte Geschichten erahnen. Seine leuchtendenden Augen, sein strahlendes Lächeln und die kleinen Fältchen erzählen von Engagement, Entwicklung und dem tiefen Glauben an eine Vision für eine bessere Zukunft. „Egal ob als Landwirt oder Lehrer, mein Zauberwort war immer ‚Geduld’“, sagt der 68-jährige SEKEM-Bauer. „Das habe ich von Dr. Ibrahim Abouleish gelernt. Mir ist schnell aufgefallen, wie geduldig er mit allem war. Ihm war vor allem die Entwicklung jedes einzelnen SEKEM Mitarbeiters wichtig.“
Bereits 1980, nach der Beendigung des obligatorischen Militärdienstes, kam Ismail als Gärtner zu SEKEM. Damals war er 30 Jahre alt. Bauer ist er allerdings bereits seitdem er denken kann. Wie die meisten ägyptischen Landwirte lernte auch der SEKEM-Mitarbeiter das landwirtschaftliche Wissen von seinem Vater. In SEKEM kamen dann immer mehr Kenntnisse hinzu. „Im Nachhinein sehe ich, dass ich jeden Tag in SEKEM etwas dazugelernt habe“, berichtet Ismail.
Zurück an den Ort wo alles begann
Angefangen bei der biodynamischen Wüstenbegrünung, über die Kompostierung, bis hin zur Tierhaltung, Ismail Elsayed lernte an der Seite von Dr. Ibrahim Abouleish viele neue landwirtschaftliche Methoden kennen. Eine besondere Überraschung und unvergessliche Erinnerung bleibt für Ismail der Tag, an dem Angela Hofmann nach SEKEM kam „Ich war ganz erstaunt, dass eine junge Frau aus Deutschland zu uns in die Wüste kommen will, um in der Landwirtschaft zu helfen – und dann auch noch zusammen mit 40 Kühen.“ Heute sind Ismail und Angela Hofmann, die langjährige Landwirtschaftskoordinatorin SEKEMs, ein eingespieltes Team. „Ich bin sehr froh, dass Dr. Abouleish es mir ermöglicht hat von Angela zu lernen“, sagt der SEKEM-Landwirt.
Ismail, der im Regierungsbezirk Belbeis in der Nähe der SEKEM-Hauptfarm lebt, arbeitete auch auf anderen SEKEM-Farmen, zum Beispiel in der Oase Bahariya und in Oberägypten. „Je älter ich wurde, desto erschöpfter machten mich die langen Reisen “, so der sechsfache Vater. „Deshalb habe ich Dr. Ibrahim gebeten, wieder auf der SEKEM-Hauptfarm arbeiten zu dürfen – an dem Ort wo alles begann und der heute wie ein kleines Paradies ist.“
So kam es, dass der hingebungsvolle Bauer nun als Lehrer an SEKEMs heilpädagogischen Schule Kinder mit Behinderungen betreut. Er bringt ihnen Grundlagen der biodynamischen Landwirtschaft bei. „Die Kinder haben eine ganz besondere Intelligenz und verdienen es entsprechend betreut zu werden, damit sie ihr Potenzial produktiv einsetzen können“, sagt „Opa Ismail“, wie ihn die Kinder in SEKEM nennen.
Sonnenblumen für Dr. Ibrahim Abouleish
Zusammen mit Ismail bepflanzten sie das kleine Sonnenblumenfeld neben der Schule. Nicht nur die Schönheit der Blumen berührt, sondern vor allem das Bild von Ismail und „seinen“ Kindern, wenn er mit ihnen gemeinsam Sträuße pflückt. Es erzählt die Geschichte von einem leidenschaftlichen Bauern, der die Wüste begrünt hat und nun all seine Erfahrungen an eine neue Generation weitergibt. „Wir freuen uns besonders über den großen Ertrag der Sonnenblumen, weil wir sie Dr. Abouleish widmen. Jeden Tag legen wir ihm einen Strauß auf sein Grab. Die Sonnenblumen gehörten zu seinen Lieblingsblumen“ erzählt Ismail.
Neben den SEKEM-Kindern kümmert sich Ismail Elsayed auch um seine eigenen zehn Enkelkinder. Der heranwachsenden Generation wünscht er vor allem, dass sie auf sich und ihre Mitmenschen achtgeben: „Das Leben war früher einfacher als heute. Die Menschen waren ruhiger und geduldiger. Ich hoffe, dass die neuen Technologien, die wir mittlerweile überall haben, uns nicht davon abhalten, dass wir uns um die Bedürfnisse der anderen kümmern und uns gegenseitig helfen.“
Noha Hussein
Lernen Sie Noura Naser können, Lehrerin in SEKEMs Heilpädagogischen Einrichtung
Mohamed Abd El Zaher ist verantwortlich für die Mülltrennung in SEKEM