Der 49-jährige Ahmed Salah Abdel-Halim ist seit 24 Jahre, die Hälfte seines Lebens, in SEKEM als Lehrer tätig – dabei begann er sein Berufsleben, ohne zu wissen, welcher Tätigkeit er überhaupt nachgehen will. “Ich wusste nur, dass ich großes Interesse an Mathematik hatte und immer neugierig und an neuen Dingen interessiert war,” so Ahmed Salah.
Ein Ort, der sich den Normen widersetzt
Direkt nach dem Abschluss seines Militärdienstes kam er nach SEKEM und war zunächst begeistert von der außergewöhnlichen Umgebung und dem innovativen Bildungsmodell der SEKEM Schule. “Ich hatte nach meinem Bewerbungsgespräch nicht viel Zeit, mich zu entscheiden oder vorzubereiten, aber ich bin meiner Intuition gefolgt und hatte ein gutes Gefühl”, so der langjährige SEKEM-Mitarbeiter. Ibrahim Abouleish, der Gründer von SEKEM, sah trotz seines jungen Alters und mangelnder Erfahrung viel Potenzial in ihm. “Er erzählte mir, dass ihn mein Wissensdurst, meine Leidenschaft für Mathematik und mein Interesse an Neuem überzeugte. Deshalb bot er mir an, mich in SEKEM zum Lehrer für die Unter- und Mittelstufe auszubilden,” erinnert sich Ahmed. Und der junge Ägypter war begeistert: „Obwohl die Farm damals noch ganz anders aussah, als heute, war sie bereits beeindruckend. Nicht nur die wunderschöne Umgebung faszinierte mich, sondern vor allem die Menschen und der Geist des Ortes.”
Ein typisches SEKEM-Phänomen: Wie für die meisten neuen Mitarbeiter, startete auch für Ahmed Salah der erste Arbeitstag vor fast 25 Jahren sehr ungewöhnlich. Er stand im Morgenkreis, Hand in Hand mit seinen neuen Kollegen und begann den Tag mit Musik und Lyrik. “Mir wurde klar, dass dies die Erfahrung war, nach der ich suchte. Ich verstand, dass ich kein üblicher Lehrer werden würde, sondern die Möglichkeit haben würde, Menschen dabei zu unterstützen ihre Potentiale zu entfalten und Charaktere auszubilden, anstatt ihnen ausschließlich dabei zu helfen, gute Noten zu schreiben”, erinnert sich Ahmed an seine Gefühle am ersten Tag in SEKEM. “In Kombination mit meiner Liebe zur Mathematik wusste ich, dass ich in dem Moment genau an dem Ort bin, wo ich sein sollte.”
“Ich wusste, dass ich in dem Moment genau an dem Ort bin, wo ich sein sollte.”
Ibrahim Abouleish spielte für Ahmeds Entwicklung eine entscheidende Rolle. “Er brachte mir großes Vertrauen entgegen, was mich zwar manchmal an meine Grenzen stoßen ließ, aber gleichzeitig auch dazu führte, dass ich mich immer intensiver meinem Beruf hingab”, so der leidenschaftliche Lehrer über den SEKEM Gründer. Ahmed Salah hat bei den wöchentlichen Treffen mit Ibrahim Abouleish nicht nur Fachliches gelernt, sondern auch viel über die Art und Weise, Themen zu präsentiert, sodass jeder Teilnehmende mit einbezogen wird: “Es war großartig, wie Dr. Abouleish die Aufmerksamkeit jedes Einzelnen einfangen konnte, in einem interaktiven, lebendigen aber gleichzeitig geordneten Präsentationsfluss.”
Bildung ist die Entwicklung des Geistes, der Sinne und des Willens
Eine besondere Kernbotschaft des SEKEM-Visionärs Ibrahim Abouleish zum Thema Bildung hat Ahmed Salah zu seinem eigenen Lehr/n-Credo gemacht: Bildung ist die Entwicklung des Geistes, der Sinne und des Willens. Die Entwicklung des Geistes erfolgt durch Wissen; die Entwicklung der Sinne geschieht über Kunst und den Sinn für Schönheit; und die Entwicklung des Willens erfolgt durch körperliche Aktivität und Bewegung.
So ist Ahmed Salah auch zu der Überzeugung gekommen, dass Bildung eine kontinuierliche Entwicklung ist, die für Lehrer genauso von Bedeutung ist wie für Schüler. Im Laufe seiner SEKEM-Karriere hat er selber an einer Vielzahl von Schulungen und Fortbildungen mit einheimischen und internationalen Fachleuten teilgenommen zu Themen wie dem Umgang mit den unterschiedlichen Temperamenten und Charakteren der Schüler, innovative Kommunikationsmittel oder künstlerische Unterrichtsmethoden. Dies führte dazu, dass er schließlich sogar ein Aus- und Fortbildungsprogramm für SEKEM-Lehrer zusammen mit einigen internationalen Bildungsexperten und SEKEM-Freunden entwickelte.
Ahmed Salahs Entwicklung führte ihn von der Rolle des Klassenlehrers bis hin zum Vorsitzenden für Personalangelegenheiten und stellvertretenden Schulleiter. „Ich bin all die Jahre bei SEKEM geblieben, weil ich hier sofort gefunden habe, wonach ich gesucht habe: Eine wunderschöne Umgebung, einen außergewöhnlichen Ort, besondere Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und die Möglichkeit etwas zur Gemeinschaftsentwicklung beizutragen“, so der langjährige SEKEM-Mitarbeiter Ahmed Salah.
Nadine Greiss
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