Es wird geschätzt, dass die Weltbevölkerung im Jahr 2025 auf 7.9 Milliarden Menschen anwächst. Durch den Klimawandel werden laut der Vereinten Nationen 2,7 Milliarden von ihnen unter Wasserknappheit leiden. Der Meeresspiegel wird voraussichtlich um zwei Fuß ansteigen und etliche ernstzunehmende Infektionskrankheiten wie Malaria oder Cholera werden sich weiter verbreiten. Ägypten wird aller Voraussicht nach stark von diesen Auswirkungen betroffen sein, obwohl das Land bereits jetzt in Wasserknappheit lebt. Durch die tiefe Lage des Nildeltas wird Ägypten neben Bangladesch mit den größten Problemen, die durch den sich erhöhenden Meeresspiegel entstehen konfrontiert sein.
Durch den Verbrauch von fossilen Brennstoffen durch Stromerzeugung, Transport, Industriebetrieben und falscher Abfallbehandlung werden Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan ausgestoßen, die Hitze in der Atmosphäre anstauen, wodurch der Treibhauseffekt verursacht wird. Da viele der Treibhausgase für mehrere Jahrzehnte bis hin zu hunderten von Jahren in der Atmosphäre bleiben bis sie freigesetzt werden, hat die Erwärmung langfristige Auswirkungen auf das Klima – und somit negative Folgen für gegenwärtige als auch zukünftige Generationen.
Bewusstsein für die CO2-Bilanz
In den letzten Jahren ist das Interesse an der globalen Erwärmung und am Klimawandel stark gestiegen. Die Menschen haben erkannt, dass es an der Zeit ist zu handeln, um die Herausforderungen bewältigen und den Klimawandel eindämmen zu können. So ergriff die Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung (HU) Initiative und richtete ein Carbon Footprint Center (CFC (CO2-Fußabdruck Center)) ein, dessen Aufgabe es ist, die Quellen der Treibhausgasemissionen zu identifizieren und die Menge der ausgestoßenen Gase eines Unternehmens jährlich zu berechnen. Der CO2-Fußabdruck spiegelt die Umweltleistungen eines Unternehmens in Bezug auf den Ausstoß von Treibhausgasen wieder, wodurch Auswirkungen auf den Klimawandel eingeschätzt werden können.
Thoraya Saeda, Projektleiterin des Carbon Footprint Centers an der Heliopolis Universität, sagt dazu: „Mittlerweile beschäftigt sich die ganze Welt mit den Auswirkungen der globalen Erwärmung. SEKEM integriert das Thema seit der Gründung in seine Aktivitäten, indem Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft mit einem ganzheitlichen Ansatz betrachtet werden.”
Emissionszertifikat – nachhaltige Investition
So setzt sich SEKEM bereits seit Jahrzehnten gegen den Klimawandel ein, ohne jedoch eine spezialisierte Einrichtung dafür zu haben. 2014 gründete deshalb die Heliopolis Universität und die Akademie für wissenschaftliche Forschung und Technologie das Carbon Footprint Center und starteten gleichzeitig erste Projekte zur CO2-Emissionsminderung auf dem ägyptischen Markt. Kürzlich unterstützte das CFC die Durchführung der „Future of Agriculture in Egypt“-Studie, in der anhand von Berechnungen die tatsächlichen Kosten konventioneller und biologischer Anbaumethoden verglichen werden und die zu dem Schluss kommt, dass biologische Lebensmittelproduktion eigentlich kostengünstiger ist.
„Wir bieten mittlerweile auch sogenannte Emissionszertifikate an, mit denen durch vergleichbar geringe volkswirtschaftliche Kosten der Schaden an der Umwelt reduziert werden kann“, berichtet Thoraya Seade. “Ein Zertifikat erlaubt grundsätzlich den Ausstoß von einer Tonne Kohlenstoffdioxid oder einem vergleichbaren Treibhausgas. Der Ausgleich, der durch ein Emissionszertifikat erworben wird, findet durch das Pflanzen von Bäumen oder durch die Anwendung von sauerstoffunabhängigem Kompostieren statt. Die Umsetzung wird stark kontrolliert.
Seit 2007 unterstützt SEKEM Projekte, die den Ausgleich von Treibhausgasen fördern, beispielsweise durch das Recyceln von landwirtschaftlichem Abfall und Kompostierungsanlagen in Alexandria und auf der SEKEM Farm. Seit 2009 hat das CFC die Pflanzung von 60 000 Bäumen auf SEKEMs Farm in der Oase El-Bahariya in der westlichen Wüste Ägyptens veranlasst, wodurch für SEKEM die Auszeichnung durch ein goldenes Emissionszertifikat ermöglicht wird. „Das Besondere daran ist, dass ein Beitrag zur weltweiten nachhaltigen Entwicklung nachgewiesen werden muss. Eine indirekte Investition in den Planeten Erde, durch die Neutralisierung des ausgestoßenen Kohlenstoffdioxids über die Bewirtschaftung des Bodens mit einer großen Menge Kompost oder das Pflanzen einer bestimmten Anzahl von Bäumen“, erklärt die SEKEM-Mitarbeiterin.
Im Rahmen der Aktivitäten gegen den Klimawandel kooperiert das CFC seit den Anfängen mit der Egyptian Bio-Dynamic Association (EBDA). Neben der Datenlieferung für Studien, die das CFC durchführt, bietet die EBDA Schulungen zu technischem Know-how im Zusammenhang mit der Pflanzung von Bäumen oder der Anwendung von Kompost an.
Nationale und internationale Projekte
Das CFC pflegt seit jeher nationale und international Partnerschaften. Auf der SEKEM Farm in der Oase El-Bahariya werden beispielsweise 35 000 Bäume für die deutsche Firma KNIPEX und das schweizer Unternehmen Amici gepflanzt. “Zusätzlich zu den 30 000 Bäumen, die SEKEM dort bereits selber gepflanzt hat, kommen wir dem Gold Standard Emissionszertifikat immer näher”, so Thoraya Seade. „Das Zertifikat ist ein weiterer wichtiger Beleg für SEKEMs Mission und die Förderung von nachhaltigen Gemeinschaften.”
Auch national haben einige Organisationen einen Vertrag mit dem CFC unterzeichnet. Alle direkten und indirekten Ausstoßquellen einer Firma werden dann in einer CO2-Bilanz zusammengefasst, beispielsweise der Papierverbrauch, die Anzahl der Autos, die von Mitarbeitern gefahren werden, Geschäftsflüge und vieles mehr. “Dem Gutachten zufolge, rieten wir einem Unternehmen beispielsweise eine Umstrukturierung im Bereich der Beleuchtungssysteme, da sich dort die stärksten Emissionen zeigten“, erzählt Thoraya Seada und erklärt, dass eine solche Empfehlung der erste Schritt von einer Strategie zur Reduzierung des CO2-Fußabdruckes ist.
„Die größte Herausforderung ist das Vermitteln der Idee.“
Zudem will sich das Carbon Footprint Center an dem ägyptischen Regierungsprojekt „1.5 Million Feddan“ beteiligen, bei dem bis 2017 630.00 Hektar (1.5 Millionen Feddan) Wüstenland urbar gemacht werden sollen. “Obwohl das Projekt auf die Erhöhung der Lebensmittelproduktion abzielt, ist es auch eine gute Möglichkeit den Emissionshandel voranzutreiben”, weiß die SEKEM-Mitarbeiterin und unterstreicht die weiteren Vorteile, die das Pflanzen von Bäumen neben der CO2-Speicherung mit sich bringt, wie etwa den Schutz fruchtbaren Bodens vor Wüstenwinden, wodurch wiederum Wüstenbildung verhindert werden kann.
„Die größte Herausforderung liegt nach wie vor darin, den Menschen zu vermitteln, dass die Welt vor den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels geschützt werden muss. Nichtsdestotrotz bleibt die SEKEM-Vision auch die unsere, das heißt wir arbeiten nicht nur für den Umweltschutz, sondern auch für die Schaffung nachhaltiger Gemeinschaften.“ Damit fasst Thoray Seada auch die generellen Ziele des CFC zusammen, das sich unter der Schirmherrschaft der SEKEM Initiative für einen ganzheitlichen Klimaschutz einsetzt.
Noha Hussein
Studie über die wahren Kosten von biologischer und konventioneller Lebensmittelproduktion
Ägyptische Bäume für aktiven Klimaschutz
SEKEM Österreich pflanzt Bäume in der Wüste
SEKEMs Abteilung für nachhaltige Entwicklung