Kürzlich besuchte Dr. Michael Braungart, Experte für nachhaltige Entwicklung und Mitbegründer des Cradle to Cradle-Konzepts (C2C),die Heliopolis Universität. Er sprach vor einem interessierten Publikum aus Studierenden und Mitarbeitern der Fakultäten für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften. Mit dabei war Corien Hoek, Mitglied der niederländischen SEKEM Freunde. Sie hat den Inhalt des Vortrags für die SEKEM News zusammengefasst.
“Lasst uns einfach gut sein anstatt weniger schlecht.” Dr. Michael Braungart
In seinem Vortrag betonte Michael Braungart die Notwendigkeit, sich im positiven Sinne nachhaltig zu entwickeln: „Fangen Sie nicht an, die schlechten Gewohnheiten, wie zum Beispiel die Luftverschmutzung zu reduzieren, weniger schädliche Produkte herzustellen oder die Zerstörung der Biodiversität zu verringern, sondern hören Sie einfach ganz damit auf schädliche Dinge zu tun und versuchen Sie stattdessen andere Lösungen zu finden. Lasst uns einfach gut sein, anstatt weniger schlecht.“ Er erklärte, dass es keinen Sin macht, darüber nachzudenken, wie eine kleinere Menge schädlicher Partikel, die nach der Verwendung des Produkts übrigbleiben, zerstört werden können – Produkte können von vornherein ohne diese Partikel hergestellt werden. Dazu muss sich der Unternehmer allerdings zunächst verschiedene Fragen stellen: Was genau ist in meinem Produkt? Was passiert nach seiner Verwendung? Welche Ressourcen braucht es, um es herzustellen? Bereits in der Entwurfsphase wählt der Entwickler Ressourcen aus, die entweder biologisch abbaubar sind oder in anderen Produkten dauerhaft Verwendung finden. So sieht das Cradle to Cradle-Design aus, das praktische Hinweise für den Nachhaltigkeits-Slogan „Nutzen, wiederverwenden und recyceln“ gibt.
Materialien als biologische oder technologische Nährstoffe
Dr. Michael Braungart ist seit über 30 Jahren in diesem Bereich tätig. 2002 veröffentlichten er und sein Kollege William McDonough das Buch „Cradle to Cradle: Einfach intelligent produzieren“. In diesem Buch beschreiben die Nachhaltigkeitsexperten das neue Modell, Materialien als biologische oder technologische Nährstoffe zu betrachten. Was früher als Abfall angesehen wurde, ist eine wichtige Ressource für andere Produkte oder für Nahrungsmittel für Menschen, Tiere und Pflanzen. Die positive Konsequenz daraus ist, dass die Menschen sich stolz und weniger schuldig fühlen, weil sie etwas Gutes beitragen und nicht nur Verursacher für Probleme wie etwa den Klimawandel sind. Alle Kreaturen sind wichtige Beitragenden zu dem System, weil sie Nährstoffe für andere erzeugen. So wird jedes neugeborene Wesen zu einem willkommenen Teil der Vielfalt, wodurch immer mehr Möglichkeiten für innovative Produkte und Materialien entstehen.
Michael Braungart sprach außerdem ein neues Eigentumskonzept an, das zur Erreichung der Ziele von C2C dient. „Sie müssen keine Waschmaschinen, Autos oder Fernseher besitzen. Sie benötigen nur den Dienst, der es ihnen ermöglicht, zu waschen, zu fahren und so weiter. Wenn Sie Waschen oder Fahren nur stundenweise kaufen und nicht für die Materialien bezahlen (weil sie biologisch abbaubar oder recycelbar sind), ist das Produkt viel günstiger“, erklärt er. „Der Unternehmer kann sich so für eine bessere Qualität entscheiden, aus biologisch abbaubaren und recycelbaren Materialien und ohne schädlichen Inhaltsstoffe, was normalerweise häufig durch den Wunsch nach möglichst niedrigen Kosten verhindert wird.“
„Wenn Sie Waschen oder Fahren nur stundenweise kaufen und nicht für die Materialien bezahlen, ist das Produkt viel günstiger.“ Dr. Michael Braungart
Das „Cradle to Cradle Products Innovation Institute“ wurde gegründet, um Produktstandards festzulegen. Produkte, die die C2C-Kriterien erfüllen, können entsprechend zertifiziert werden. Es ermutigt und unterstützt Unternehmer, den Innovations- und Qualitätsprozess bereits während des Produktdesign zu berücksichtigen.
Das Publikum schien sehr inspiriert von Dr. Michael Braungarts neuem Denken über Produktion, Lebenszyklen, Abfall, Lebensmittel und unser Wohlbefinden. Er beendete seinen Vortrag, indem er seine Wertschätzung der HU gegenüber zum Ausdruck brachte: „Ich schätze die innovativen Ansätze zur Förderung nachhaltiger Entwicklung in der Vision der Universität sehr.“ Als Professor für Öko-Design an der Leuphana-Universität Lüneburg und an der Erasmus-Universität in Rotterdam, freut er sich auf die weitere Zusammenarbeit mit der HU durch den Austausch von Studierenden und Mitarbeitenden sowie Wissen und Erfahrung.
Corien Hoek ist Mitglied des niederländischen SEKEM Fördervereins und unterstütz die das „Core Program” der Heliopolis Universität zweimal im Jahr für jeweils zwei Monate in den Bereichen nachhaltige Entwicklung und islamische Kunst.
SEKEM beim Cradle to Cradle Kongress 2015: Für einen positiven Fußabdruck
SDG 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur für nachhaltige Gemeinschaften