EduCamp II SEKEM

Bildung für nachhaltige Entwicklung in Ägyptens Armenvierteln

Im vergangenen Jahr hat die SEKEM Stiftung für Entwicklung, EduCamp II entwickelt und betreut, ein Projekt um Bildung für nachhaltige Entwicklung (ESD – Education for Sustainable Development) in Armenvierteln in Ägypten zu fördern.

„Wir leben im Zeitalter der nachhaltigen Entwicklung und es ist an der Zeit, dass unsere Generation die wahre Bedeutung und Dringlichkeit dahinter versteht“, so wird Hani Sewilam, EduCamp-Manager, in einem der ESD-Kits (frei übersetzt: Werkzeugkasten für nachhaltige Entwicklung) zitiert, die als umfassende Anleitungen für Lehrer im Rahmen des Projektes EduCamp II entwickelt und genutzt wurden. Das Bildungsprogramm ist eine Erweiterung des ersten, dreieinhalbjährigen EduCamp-Projektes, bei dem erstmalig ägyptische Universitäten und Schulen zusammengeführt wurden, um Bildung für nachhaltige Entwicklung landesweit und in allen Bildungsebenen zu fördern. Initiiert von der RWTH Aachen, wurde das EduCamp-Programm von der SEKEM Stiftung für Entwicklung (SDF), der Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung (HU) und anderen ägyptischen Partner Universitäten und Institutionen umgesetzt. EduCamp wurde 2011 im Rahmen des TEMPUS-Programms der europäischen Kommission finanziert.

SEKEM educator, Mohamed Anwar, giving courses to teachers.
SEKEM-Pädagoge, Mohamed Anwar, gibt Fortbildungen für Lehrer.

Während des ersten EduCamp-Projekts wurden sogenannte Kits (Leitfäden) für Lehrer und Schüler entwickelt, die, mit direkter Verknüpfung an den bestehenden Lehrplan, Anleitungen für verschiedenste Aktivitäten beinhalten. Gleichzeitig wurden Fortbildungsprogramme für Lehrer organisiert, bei denen die Lehrpersonen darin geschult wurden die Kits zu benutzen und die Aktivitäten entsprechend umzusetzen. „Während EduCamp II haben wir die Themen des ersten Programms weiterentwickelt“, erklärt Mohamed Anwar. Der SEKEM-Pädagoge ist für die SEKEM Stiftung für Entwicklung und die Heliopolis Universität tätig und verantwortlich für die EduCamp-Projekte. Nachdem er über neun Jahre an der SEKEM-Schule unterrichtet hat, arbeitet er nun im „Kompetenzzentrum für Bildung für nachhaltige Entwicklung“ an der Heliopolis Universität unter der Leitung von Dr. Omar Ramzy. Die Entstehung dieser HU-Abteilung ist übrigens eng mit dem ersten EduCamp Projekt verbunden. Ziel war es damals, an allen beteiligten Universitäten ein solches Zentrum zu eröffnen.

Praktische Erfahrungen für Kinder und Lehrer

„Das staatliche ägyptischen Bildungssystem ist leider nicht sehr gut entwickelt. Die Lehrer sind völlig überlastet, da sie oft mehr als 70 Schüler in einer Klasse unterrichten müssen“, so Mohammed Anwar. „Das ist vor allem in den Armenviertel ein großes Problem.“ So konzentriert sich EduCamp II auf El Warraq, ein Armenviertel in Kairo. Im vergangenen Sommer wurden dort Bildungs- und Freizeitprogramme angeboten und verschiedenen andere Aktivitäten organisiert. Für Lehrer gab es Fortbildungen und Schulungen wie sie die ESD-Anleitungen bestmöglich in die Praxis integrieren können. Außerdem wurden verschiedene Schulen renoviert und umgestaltet. „Die Aktivitäten waren alle sehr erfolgreich, obwohl wir im Vorfeld mit einigen Hindernissen konfrontiert waren, wie zum Beispiel den aufwendigen bürokratischen Vorschriften“, erinnert sich Mohammed Anwar. „Erfreulicherweise haben wir es aber geschafft, das alles zu koordinieren und konnten sogar hilfreiche Kontakte zu den Ministerien aufbauen.“ So bitten die Ministerien mittlerweile sogar die SEKEM Stiftung für Entwicklung um Unterstützung, wenn es um Fragen zu nachhaltiger Bildung geht. Die ägyptische Regierung entwickelt aktuell eine Strategie zum Thema nachhaltige Entwicklung und weiß den langjährigen Erfahrungsschatz der SEKEM Initiative in dem Zusammenhang zu schätzen.

EduCamp II activities initiated by SEKEM instructors.
Aktivitäten während EduCamp II, angeleitet von SEKEM Pädagogen.

Die EduCamp II-Kits und -Trainings wurden hauptverantwortlich von SEKEM zusammengestellt und konzentrieren sich auf fünf Themen: Wasser, Energie, Biodiversität, Landwirtschaft und allgemeine Konzepte zu nachhaltiger Entwicklung. Zu jedem Thema gibt es verschiedene Aktivitäten, die detailliert beschrieben und erklärt werden. „Es ist sehr wichtig, dass die Lehrer nicht nur die pädagogischen Ansätze verstehen und wissen wie sie die Übungen umsetzen können, sie sollten auch den Sinn dahinter verstehen und die Gelegenheit haben die neuen Methoden mit ihren Kollegen zu diskutieren“, sagt Mohamed Anwar. Ähnlich sollen auch die Kinder ganz direkt und aktiv in den Bildungsprozess involviert sein, beispielsweise durch Gruppendiskussionen, Experimente oder konkrete Spiele in der Natur.

Teachers' training by SEKEM teacher Mohamed Anwar.
Lehrer-Fortbildung mit Mohamed Anwar.

Ein weiteres Projekt, das kürzlich von dem Kompetenzzentrum der Heliopolis Universität organisiert wurde, fand in Hurghada statt. In dem kleinen Touristenstädtchen am Roten Meer leben etliche Kinder in Slums und unterstützen ihre Eltern finanziell durch das Sammeln von Müll. Mohamed Anwar: „Wir wollen die Eltern über ihre Kinder erreichen und versuchen so mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Gesundheit zu schaffen.“ Das Kompetenzzentrum hat in Zusammenarbeit mit der SDF bereits zwei Trainings mit Lehrern organisiert und erstaunlich positives Feedback vom Ministerium des dortigen Regierungsbezirks  bekommen. Weitere Schulungen dieser Art sind bereits in Planung.

Christine Arlt

"Kinder-Uni" an der Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung
Das Kompetenzzentrum der Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung